Rückforderung von Bezügen
Wir stellen nachfolgend ein Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts dar, welches für die Rechtsprechung in Hamburg einen Meilenstein darstellte, weil es grundsätzliche Fragen berührte.
Bevor Sie es studieren, erlauben Sie uns aber bitte folgenden Hinweis:
Gegen die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts hat die FHH ein Rechtsmittel eingelegt und darauf hin erging ein
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG 2 C 4.11 - vom 26.04.12.
Aus der Pressemitteilung:
Hat ein Beamter zuviel Gehalt bekommen, so muss die Behörde bei der Entscheidung über die Rückforderung ihren Verursachungsbeitrag berücksichtigen.
Beamte haben überhöhte Gehaltszahlungen grundsätzlich zurückzuzahlen. Fällt der Behörde ein maßgeblicher Verursachungsbeitrag an der Überzahlung zur Last, kann es geboten sein, teilweise von der Rückforderung abzusehen, wenn es sich um über längere Zeit gezahlte geringe Beträge handelt, die der Beamte im Rahmen der allgemeinen Lebensführung verbraucht hat. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden.
In den beiden zu entscheidenden Verfahren hatten Beamte über fast zehn Jahre Beträge von monatlich ca. EUR 50,00 zuviel erhalten. Die Überzahlungen waren auf Fehler im Bereich der Behörde zurückzuführen, hätten aber von den Beamten bemerkt werden müssen. Die Behörde verlangte die überzahlten Beträge in voller Höhe zurück. Die hiergegen erhobenen Klagen hatten in zweiter Instanz Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die Fehler der Behörde als so schwerwiegend angesehen, dass teilweise von der Rückforderung abgesehen werden müsse. Die Revisionen der Beklagten sind erfolglos geblieben.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts im Wesentlichen bestätigt.
Es hat für die Höhe der gebotenen Reduzierung in den vorliegenden Fällen 30 % als Orientierungsgröße genannt.
BVerwG 2 C 15.10 und 4.11 - Urteile vom 26.04.12 - im Internet zugänglich
Aus der Pressemitteilung:
Hat ein Beamter zuviel Gehalt bekommen, so muss die Behörde bei der Entscheidung über die Rückforderung ihren Verursachungsbeitrag berücksichtigen.
Beamte haben überhöhte Gehaltszahlungen grundsätzlich zurückzuzahlen. Fällt der Behörde ein maßgeblicher Verursachungsbeitrag an der Überzahlung zur Last, kann es geboten sein, teilweise von der Rückforderung abzusehen, wenn es sich um über längere Zeit gezahlte geringe Beträge handelt, die der Beamte im Rahmen der allgemeinen Lebensführung verbraucht hat. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden.
In den beiden zu entscheidenden Verfahren hatten Beamte über fast zehn Jahre Beträge von monatlich ca. EUR 50,00 zuviel erhalten. Die Überzahlungen waren auf Fehler im Bereich der Behörde zurückzuführen, hätten aber von den Beamten bemerkt werden müssen. Die Behörde verlangte die überzahlten Beträge in voller Höhe zurück. Die hiergegen erhobenen Klagen hatten in zweiter Instanz Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die Fehler der Behörde als so schwerwiegend angesehen, dass teilweise von der Rückforderung abgesehen werden müsse. Die Revisionen der Beklagten sind erfolglos geblieben.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts im Wesentlichen bestätigt.
Es hat für die Höhe der gebotenen Reduzierung in den vorliegenden Fällen 30 % als Orientierungsgröße genannt.
BVerwG 2 C 15.10 und 4.11 - Urteile vom 26.04.12 - im Internet zugänglich
Das bedeutet, dass die Rahmenbedingungen für Rückforderungsfragen noch einmal von dem höchsten deutschen Verwaltungsgericht neu abgesteckt wurden.
Bei dieser Gelegenheit dürfen wir anmerken:
Der Bitte der Mandanten, die Chancen eines Rechtsstreits in der ersten Beratung genau und sicher darzustellen, steht der Anwalt bisweilen schon deshalb skeptisch gegenüber, weil es innerhalb von zwei, drei oder fünf Jahren, die ein Streit dauert, völlig unvorhersehbare Veränderungen der Rechtsprechung geben kann.
Der Verlauf des oben angesprochenen Verfahrens ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass es auch innerhalb eines einzigen Verfahrens zu ganz unterschiedlichen Entscheidungen verschiedener Instanzen kommen kann. Man verliert die erste Instanz, gewinnt in der zweiten und muss sich dann mit einem Revisionsverfahren auseinandersetzen, dessen Ausgang offen ist.
Hier nun das Urteil des OVG Hamburg - 1 Bf 144 / 08 - vom 10.12.09 (Auszug)
unter Hinweis auf die ähnliche Entscheidung OVG 1 Bf 203/09 und die dazu ergangene Revisionsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts BVerwG 2 C 15.10 vom 26.04.12, die im Internet zugänglich ist.
3. Der Rückforderungsbescheid ist rechtswidrig, weil die Beklagte ermessensfehlerhaft entschieden hat, von der Rückforderung aus Billigkeitsgründen auch nicht teilweise abzusehen (§ 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG).
Die Billigkeitsentscheidung bezweckt, eine allen Umständen des Einzelfalles gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Bereicherten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Sie soll der besonderen Lage des Einzelfalles Rechnung tragen, die formale Strenge des Besoldungs- und Versorgungsrechts auflockern und Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben sein und sich als sinnvolle Ergänzung des ohnehin vom gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung auswirken und ist deshalb vor allem in Fällen der verschärften Haftung von Bedeutung. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zwar nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu würdigen, sondern auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Bereicherungsschuldners abzustellen. Insoweit kommt es nicht entscheidend auf die Lage des Beamten in dem Zeitraum, für den die Überzahlung geleistet worden ist, sondern auf dessen Lage im Zeitpunkt der Rückabwicklung an. Jedoch ist auch ein Mitverschulden der Beklagten an der Überzahlung grundsätzlich in die Ermessensentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG einzubeziehen.
Besondere Bedeutung hat, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen ist und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür maßgeblich war (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.08.05, Schütz BeamtR ES/C 5 Nr. 58; Urteil vom 27.01.1994, BVerwGE 95, 94; OVG Hamburg, Beschluss vom 24.09.04, 1 Bf 242/02).
Nach diesen Grundsätzen hatte die Beklagte allerdings keinen Anlass, dem Kläger eine Ratenzahlung zu ermöglichen. Denn er hatte nicht geltend gemacht, darauf angewiesen zu sein oder sonst wie wegen der Rückforderung in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten. Für derartige Zahlungsschwierigkeiten liegen auch sonst keine Anhaltspunkte vor. Die Beklagte genügt den Anforderungen an ihre Billigkeitsentscheidung aber nicht, wenn sie lediglich berücksichtigt, wie schwer die Rückforderung den Beamten angesichts dessen finanzieller Verhältnisse trifft. In die nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen zu treffende Billigkeitsentscheidung hat die Beklagte auch einzustellen, dass der Grund für die Überzahlung in ihrem Verantwortungsbereich liegt. Zu der Überzahlung war es nur gekommen, weil die Besoldungs- und Versorgungsstelle die Zahlungsanweisung der Personalstelle der OFD Hamburg nicht ausgeführt und deshalb weiter den vollen statt des hälftigen Verheiratetenzuschlags an den Kläger ausgezahlt hat. Der Kläger seinerseits hatte nicht etwa durch unrichtige, unvollständige oder missverständliche Angaben dazu beigetragen, dass die Zahlungsanweisung nicht ausgeführt worden ist. Ihm ist lediglich anzulasten, dass er seine Besoldungsmitteilungen nicht überprüft und nachgefragt hat, ob die Weiterzahlung des vollen Verheiratetenzuschlages in Ordnung sei. Dieses dem Kläger zuzurechnende Verschulden wiegt weit weniger schwer als der Fehler der Beklagten. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall erheblich von Konstellationen, in denen dem Beamten wegen der Höhe des Überzahlungsbetrages in die Augen springen musste, dass er den Überzahlungsbetrag nicht behalten durfte. So mag es beispielsweise bei hohen Überzahlungen liegen. Hier waren hingegen die einzelnen Überzahlungen gering und hat sich erst über die Jahre hinweg ein hoher Rückforderungsbetrag aufgetürmt. Es geht nicht um einen jener Fälle, in denen der Beamte positive Kenntnis von der Überzahlung hatte und deshalb im Rahmen der Billigkeit wenig schutzwürdig erscheint. Vielmehr ist der Kläger lediglich seiner Verpflichtung nicht nachgekommen, zu prüfen, ob die Anweisung zur Halbierung seines „Verheiratetenzuschlags" umgesetzt wurde. Insoweit entspricht es der Billigkeit zu berücksichtigen, dass der Fehler des Klägers, der es pflichtwidrig unterlassen hat, seine Besoldung anlässlich der Änderung seiner persönlichen Verhältnisse durch die Einstellung seiner Ehefrau in den öffentlichen Dienst zu überprüfen, im Laufe der Jahre erheblich an Gewicht verloren hat. Der Kläger hatte keinen Anlass, noch nach Jahr und Tag nachzuprüfen, ob er den halben oder fehlerhaft den ganzen „Verheiratetenzuschlag" erhielt. Auch wenn sich sein Fehler insoweit ausgewirkt hat, dass die hohe Überzahlungssumme nicht über rund 10 Jahre hinweg aufgelaufen wäre, wenn er 1996 wegen der Höhe des ihm ausgezahlten Verheiratetenzuschlages nachgefragt hätte, erscheint es unbillig, dass er den gesamten Überzahlungsbetrag zurückzahlen soll.
Es ist dem selbstverantworteten Risikobereich der Beklagten zuzurechnen, dass sie davon abgesehen hat, die Richtigkeit ihrer Daten zu den besoldungsrelevanten Merkmalen des Klägers in ihrem Besoldungsauszahlungsverfahren in größeren Zeitabständen zu überprüfen. Auch wenn die Beklagte nicht grob fahrlässig gehandelt hat, muss sie sich vorhalten lassen, dass sie über einen Zeitraum von 10 Jahren davon abgesehen hat, die Richtigkeit der Besoldungsdaten des Klägers im Wege eines Abgleiches mit seiner Personalakte oder einer Befragung ihrer Beamten zu kontrollieren.
Aus Gründen der Billigkeit macht es einen gewichtigen Unterschied, ob der Beamte noch durch die Überzahlung bereichert oder ob er entreichert ist. Es erscheint regelmäßig nicht unbillig, dass der Beamte überzahlte Bezüge zurückzuzahlen hat, wenn er noch um die Überzahlung bereichert ist. So liegt es hier aber nicht. Wie oben dargelegt ist davon auszugehen, dass der Kläger die geringen monatlichen Überzahlungen verbraucht hat und nicht mehr um sie bereichert ist.
In der vorliegenden Fallkonstellation reicht nicht aus, dass die Beklagte Ermessenserwägungen nachgeschoben und jedenfalls in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht die für einen Billigkeitserlass sprechenden Gesichtspunkte gesehen hat. Insoweit kann dahinstehen, ob die Beklagte ihre Billigkeitserwägungen in zulässiger Weise im Laufe des Gerichtsverfahrens ergänzt hat. Die Beklagte hat ihre Rückforderung auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht verringert, sondern das Urteil des Verwaltungsgerichts verteidigt und damit an ihrer im Ergebnis fehlerhaften Billigkeitsentscheidung festgehalten. Auch wenn die Beklagte alle in ihre Billigkeitsabwägung einzustellenden Gesichtspunkte berücksichtigt haben sollte, zeigt das Ergebnis, dass sie den für den Kläger sprechenden Erwägungen nicht das erforderliche Gewicht zugemessen hat. Bei zutreffender Gewichtung hätte die Beklagte die Rückforderungssumme erheblich reduzieren müssen, weil jede andere Entscheidung zu einem unbilligen Ergebnis führt.
Es ist bei der gebotenen Gesamtwürdigung unbillig, dass der Kläger nach Jahr und Tag den laufend über viele Jahre hinweg aufgelaufenen Überzahlungsbetrag in voller Höhe erstatten soll.
Der Rückforderungsbescheid in der Fassung des Widerspruchbescheides ist in voller Höhe aufzuheben. In welcher Höhe die Rückforderung zu erlassen ist, kann nicht das Gericht entscheiden. Das Gericht darf nicht sein Ermessen bei der Ausübung der Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG an die Stelle des Ermessens der Beklagten setzen. Da die Beklagte insoweit ihr Billigkeitsermessen fehlerhaft ausgeübt hat, scheidet eine teilweise Aufhebung des Rückforderungsbescheides aus.
unter Hinweis auf die ähnliche Entscheidung OVG 1 Bf 203/09 und die dazu ergangene Revisionsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts BVerwG 2 C 15.10 vom 26.04.12, die im Internet zugänglich ist.
3. Der Rückforderungsbescheid ist rechtswidrig, weil die Beklagte ermessensfehlerhaft entschieden hat, von der Rückforderung aus Billigkeitsgründen auch nicht teilweise abzusehen (§ 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG).
Die Billigkeitsentscheidung bezweckt, eine allen Umständen des Einzelfalles gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Bereicherten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Sie soll der besonderen Lage des Einzelfalles Rechnung tragen, die formale Strenge des Besoldungs- und Versorgungsrechts auflockern und Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben sein und sich als sinnvolle Ergänzung des ohnehin vom gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung auswirken und ist deshalb vor allem in Fällen der verschärften Haftung von Bedeutung. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zwar nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu würdigen, sondern auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Bereicherungsschuldners abzustellen. Insoweit kommt es nicht entscheidend auf die Lage des Beamten in dem Zeitraum, für den die Überzahlung geleistet worden ist, sondern auf dessen Lage im Zeitpunkt der Rückabwicklung an. Jedoch ist auch ein Mitverschulden der Beklagten an der Überzahlung grundsätzlich in die Ermessensentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG einzubeziehen.
Besondere Bedeutung hat, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen ist und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür maßgeblich war (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.08.05, Schütz BeamtR ES/C 5 Nr. 58; Urteil vom 27.01.1994, BVerwGE 95, 94; OVG Hamburg, Beschluss vom 24.09.04, 1 Bf 242/02).
Nach diesen Grundsätzen hatte die Beklagte allerdings keinen Anlass, dem Kläger eine Ratenzahlung zu ermöglichen. Denn er hatte nicht geltend gemacht, darauf angewiesen zu sein oder sonst wie wegen der Rückforderung in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten. Für derartige Zahlungsschwierigkeiten liegen auch sonst keine Anhaltspunkte vor. Die Beklagte genügt den Anforderungen an ihre Billigkeitsentscheidung aber nicht, wenn sie lediglich berücksichtigt, wie schwer die Rückforderung den Beamten angesichts dessen finanzieller Verhältnisse trifft. In die nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen zu treffende Billigkeitsentscheidung hat die Beklagte auch einzustellen, dass der Grund für die Überzahlung in ihrem Verantwortungsbereich liegt. Zu der Überzahlung war es nur gekommen, weil die Besoldungs- und Versorgungsstelle die Zahlungsanweisung der Personalstelle der OFD Hamburg nicht ausgeführt und deshalb weiter den vollen statt des hälftigen Verheiratetenzuschlags an den Kläger ausgezahlt hat. Der Kläger seinerseits hatte nicht etwa durch unrichtige, unvollständige oder missverständliche Angaben dazu beigetragen, dass die Zahlungsanweisung nicht ausgeführt worden ist. Ihm ist lediglich anzulasten, dass er seine Besoldungsmitteilungen nicht überprüft und nachgefragt hat, ob die Weiterzahlung des vollen Verheiratetenzuschlages in Ordnung sei. Dieses dem Kläger zuzurechnende Verschulden wiegt weit weniger schwer als der Fehler der Beklagten. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall erheblich von Konstellationen, in denen dem Beamten wegen der Höhe des Überzahlungsbetrages in die Augen springen musste, dass er den Überzahlungsbetrag nicht behalten durfte. So mag es beispielsweise bei hohen Überzahlungen liegen. Hier waren hingegen die einzelnen Überzahlungen gering und hat sich erst über die Jahre hinweg ein hoher Rückforderungsbetrag aufgetürmt. Es geht nicht um einen jener Fälle, in denen der Beamte positive Kenntnis von der Überzahlung hatte und deshalb im Rahmen der Billigkeit wenig schutzwürdig erscheint. Vielmehr ist der Kläger lediglich seiner Verpflichtung nicht nachgekommen, zu prüfen, ob die Anweisung zur Halbierung seines „Verheiratetenzuschlags" umgesetzt wurde. Insoweit entspricht es der Billigkeit zu berücksichtigen, dass der Fehler des Klägers, der es pflichtwidrig unterlassen hat, seine Besoldung anlässlich der Änderung seiner persönlichen Verhältnisse durch die Einstellung seiner Ehefrau in den öffentlichen Dienst zu überprüfen, im Laufe der Jahre erheblich an Gewicht verloren hat. Der Kläger hatte keinen Anlass, noch nach Jahr und Tag nachzuprüfen, ob er den halben oder fehlerhaft den ganzen „Verheiratetenzuschlag" erhielt. Auch wenn sich sein Fehler insoweit ausgewirkt hat, dass die hohe Überzahlungssumme nicht über rund 10 Jahre hinweg aufgelaufen wäre, wenn er 1996 wegen der Höhe des ihm ausgezahlten Verheiratetenzuschlages nachgefragt hätte, erscheint es unbillig, dass er den gesamten Überzahlungsbetrag zurückzahlen soll.
Es ist dem selbstverantworteten Risikobereich der Beklagten zuzurechnen, dass sie davon abgesehen hat, die Richtigkeit ihrer Daten zu den besoldungsrelevanten Merkmalen des Klägers in ihrem Besoldungsauszahlungsverfahren in größeren Zeitabständen zu überprüfen. Auch wenn die Beklagte nicht grob fahrlässig gehandelt hat, muss sie sich vorhalten lassen, dass sie über einen Zeitraum von 10 Jahren davon abgesehen hat, die Richtigkeit der Besoldungsdaten des Klägers im Wege eines Abgleiches mit seiner Personalakte oder einer Befragung ihrer Beamten zu kontrollieren.
Aus Gründen der Billigkeit macht es einen gewichtigen Unterschied, ob der Beamte noch durch die Überzahlung bereichert oder ob er entreichert ist. Es erscheint regelmäßig nicht unbillig, dass der Beamte überzahlte Bezüge zurückzuzahlen hat, wenn er noch um die Überzahlung bereichert ist. So liegt es hier aber nicht. Wie oben dargelegt ist davon auszugehen, dass der Kläger die geringen monatlichen Überzahlungen verbraucht hat und nicht mehr um sie bereichert ist.
In der vorliegenden Fallkonstellation reicht nicht aus, dass die Beklagte Ermessenserwägungen nachgeschoben und jedenfalls in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht die für einen Billigkeitserlass sprechenden Gesichtspunkte gesehen hat. Insoweit kann dahinstehen, ob die Beklagte ihre Billigkeitserwägungen in zulässiger Weise im Laufe des Gerichtsverfahrens ergänzt hat. Die Beklagte hat ihre Rückforderung auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht verringert, sondern das Urteil des Verwaltungsgerichts verteidigt und damit an ihrer im Ergebnis fehlerhaften Billigkeitsentscheidung festgehalten. Auch wenn die Beklagte alle in ihre Billigkeitsabwägung einzustellenden Gesichtspunkte berücksichtigt haben sollte, zeigt das Ergebnis, dass sie den für den Kläger sprechenden Erwägungen nicht das erforderliche Gewicht zugemessen hat. Bei zutreffender Gewichtung hätte die Beklagte die Rückforderungssumme erheblich reduzieren müssen, weil jede andere Entscheidung zu einem unbilligen Ergebnis führt.
Es ist bei der gebotenen Gesamtwürdigung unbillig, dass der Kläger nach Jahr und Tag den laufend über viele Jahre hinweg aufgelaufenen Überzahlungsbetrag in voller Höhe erstatten soll.
Der Rückforderungsbescheid in der Fassung des Widerspruchbescheides ist in voller Höhe aufzuheben. In welcher Höhe die Rückforderung zu erlassen ist, kann nicht das Gericht entscheiden. Das Gericht darf nicht sein Ermessen bei der Ausübung der Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG an die Stelle des Ermessens der Beklagten setzen. Da die Beklagte insoweit ihr Billigkeitsermessen fehlerhaft ausgeübt hat, scheidet eine teilweise Aufhebung des Rückforderungsbescheides aus.
Zur Klarstellung: unser Büro war in diesem Fall nicht tätig. Wir zeichnen nur die Rechtsprechung nach.
Das gilt für die überwiegende Anzahl der von uns vorgestellten Entscheidungen.