Verschweigen von Vorerkrankungen / Rücknahme der Ernennung
Immer eine schwierige Frage: Was muss ich im Einstellungs- / Bewerbungsverfahren offenbaren, zum Beispiel wenn es um Vorerkrankungen geht?
Ähnlich problematisch: die Frage nach Vorstrafen, nach früheren, bereits abgeschlossenen oder nach laufenden Ermittlungsverfahren.
Beantworten Sie im Einstellungsverfahren zulässige Fragen falsch, kann darin eine arglistige Täuschung liegen, es kann sogar der Verdacht eines (u.U. nur versuchten) Betruges entstehen.
Eine so erlangte Einstellung ist rechtlich nicht sicher: Auch noch nach längerer Zeit kommt die Rücknahme der Ernennung in Betracht. Um einen solchen Fall geht es in der nachstehenden Entscheidung.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 27.01.16 – 3 ZB 15.2401 / 3 CS 15.2283 –
Rücknahme der Ernennung eines Beamten auf Probe wegen arglistiger Täuschung über den Gesundheitszustand bei der Einstellungsuntersuchung (Verschweigen einer Zwangserkrankung)
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1.5 Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger seit der Kindheit/Jugend unter Zwangsgedanken und Zwangshandlungen leidet, und hat sich hierbei insbesondere auf den Arztbrief seiner behandelnden Ärztin Dr. D. vom 30.01.12 und auf das psychologische Zusatzgutachten des Bezirkskrankenhauses B. vom 02.09.14 berufen, das zu der Einschätzung gelangt, dass beim Kläger seit dem Jugendalter eine Zwangserkrankung mit Zwangsgedanken und Zwangshandlungen schwerpunktmäßig im Bereich Zählen, Wiederholen, zeitweise Ordnen und Befürchtungen im Zusammenhang mit bestimmten Zahlen besteht.
Der Kläger vermag die ärztlichen Feststellungen nicht zu widerlegen, zumal er lediglich hinsichtlich des Arztbriefs seiner behandelnden Ärztin Dr. D. vorträgt, die Behauptung, er leide bereits seit der Kindheit an einerschweren Zwangsneurose und sei in Folge dessen sieben Jahre in Bayreuth in Behandlung gewesen, sei schlichtweg unwahr und durch nichts belegt. Das Verwaltungsgericht hat bereits darauf hingewiesen, dass davon auszugehen ist, dass die entsprechenden Feststellungen von der behandelnden Fachärztin auf Angaben des Klägers beruhen und die Behauptungen des Klägers angesichts der gutachterlichen Ausführungen des Bezirkskrankenhauses nicht überzeugen. Der Senat teilt diese Einschätzung.
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1.6 Das Verwaltungsgericht ist im Rahmen seiner umfassenden Beweiswürdigung davon ausgegangen, dass der Kläger im Rahmen der Einstellungsuntersuchung beim Gesundheitsamt seine bestehende psychische Erkrankung (Vorerkrankung) gegenüber dem die Untersuchung durchführenden Amtsarzt bewusst pflichtwidrig nicht offenbarte und dadurch das für ihn günstige Gesundheitszeugnis vom 29.04.08 erwirkte.
Der Kläger habe seine psychische Erkrankung weder auf dem von ihm auszufüllenden Anamnesebogen noch im Rahmen des sich anschließenden Untersuchungsgesprächs mit dem Amtsarzt angegeben, obgleich er gewusst habe, dass diese Angaben für das Ergebnis der Einstellungsuntersuchung und in der Folge für das Einstellungsverfahren von wesentlicher Bedeutung sein würden. Er habe vielmehr allein seine orthopädischen Leiden und die damit einhergehende Schmerzsymptomatik thematisiert und in den Vordergrund gestellt. Den Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom 08.09.06, mit welchem dem Kläger ein Grad der Behinderung von 50 v.H. unter Einschluss einer Einzel-GdB von 30 v.H. für das Behinderungsleiden „seelische Störung, Dysfunktion“ zuerkannt worden war, habe der Kläger bei der Einstellungsuntersuchung nicht vollständig vorgelegt und auch dadurch das Offenbarwerden einer psychischen Erkrankung, das eine weitere medizinische Aufklärung nach sich gezogen hätte, bewusst unterlassen. Ausweislich des Anamnesebogens habe der Kläger keinerlei psychische Erkrankung mitgeteilt. Der Amtsarzt habe glaubhaft und nachvollziehbar geschildert, dass er den Anamnesebogen gemeinsam mit dem Kläger durchgegangen sei und dass während des Untersuchungsgesprächs die Halswirbelproblematik des Klägers eindeutig im Vordergrund gestanden habe. Über die psychischen Folgen der HWS-Problematik sei zwar gesprochen worden, diese hätten aber nicht im Vordergrund gestanden und seien dementsprechend auch nicht vertieft worden. Weder im Untersuchungsgespräch noch in den angeforderten hausärztlichen Unterlagen hätten sich Hinweise auf psychische Erkrankungen ergeben. Die Kammer sei davon überzeugt, dass, hätte der Kläger den vollständigen Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom 08.09.06 vorgelegt bzw. psychische Erkrankungen von relevanten Ausmaß geschildert, vom Amtsarzt ein entsprechender Vermerk im Befundbogen vorgenommen und eine weitergehende fachärztliche Stellungnahme eingeholt worden wäre.
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1.7 Der Kläger führt aus, die Offenbarungspflicht erstrecke sich nur auf diejenigen Erkrankungen, die aus Sicht eines verständigen Anwärters wesentliche Bedeutung für die Einstellung haben könnten, und führt weiter aus, er habe der einige Jahre zurückliegenden Behandlung bei dem Therapeuten Dr. St. keine wesentliche Bedeutung für seine Einstellung zugemessen, da seine Arbeitsfähigkeit durch seine kleinen „Ticks“ in keiner Weise eingeschränkt sei.
Zwar besteht keine Offenbarungspflicht hinsichtlich jeglicher Gesundheitsfragen (vgl. OVG M.-V., Beschluss vom 23.04.1998 - 2 M 168/97 -), die Bedeutung psychischer Vorerkrankungen für die gesundheitliche Eignung als (Lebenszeit-) Beamter drängt sich aber geradezu auf (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.11.06 - 4 B 11.06 -). Das gilt insbesondere hier in Hinblick auf eine Zwangserkrankung, die für sich (abstrakt) geeignet ist, die Dienstfähigkeit eines Beamten in Frage zu stellen.
Soweit der Kläger vorträgt, er sei in Bezug auf den Umfang und die Tragweite seiner Offenbarungspflicht nicht ausdrücklich aufgeklärt worden; die von ihm vorzeitig unterschriebene kleingedruckte Erklärung am Ende des Anamnesebogens sei zu unbestimmt und unklar formuliert, begründet dies keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Die Formulierung „Ich habe dem untersuchenden Arzt alles mitgeteilt, was für die Beurteilung meines Gesundheitszustands von Bedeutung sein könnte.“ ist weder unbestimmt noch unklar formuliert. Im Übrigen hätte der Kläger beim Amtsarzt nachfragen können, nachdem er - unbestritten - mit diesem Punkt für Punkt des Fragebogens durchgegangen war.
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1.8 Der Kläger rügt, ... das Verwaltungsgericht habe sich aber mit der Frage, ob die Beiziehung der Akten des Zentrums Bayern Familie und Soziales dem Kläger zumutbar gewesen sei, nicht auseinandergesetzt.
Die rechtsgrundlose Verweigerung einer Schweigepflichtsentbindung kann nach dem aus § 444 ZPO abgeleiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz zum Nachteil des Betroffenen gewertet werden, sofern die verlangte Schweigepflichtentbindung verhältnismäßig (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.05.14 - 2 B 69/12 - ZBR 2014, 2971 -) bzw. zumutbar (vgl. LSG B.- W., Urteil vom 27.01.12 - L 8 SB 1808/11 - Rn. 29) ist.
Letzteres kann hier bejaht werden. Die verlangte Schweigepflichtsentbindung ist auch in Anbetracht dessen, dass sensible Inhalte der Akte des Zentrums Bayern Familie und Soziales in der mündlichen Verhandlung hätten thematisiert werden können, verhältnismäßig, da die Möglichkeit bestanden hätte, die Öffentlichkeit auszuschließen, um so dem Persönlichkeitsrecht des Klägers Rechnung zu tragen (vgl. § 55 VwGO iVm. § 171b GVG).
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1.9 Eine arglistige Täuschung ist schon dann für die Ernennung ursächlich, wenn sich feststellen lässt, dass die Behörde bei Kenntnis des wahren Sachverhalts von der Ernennung jedenfalls zu diesem Zeitpunkt Abstand genommen hätte; ob der Beamtenbewerber vielleicht später doch noch ernannt worden wäre, ist unerheblich (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.06.1999 - 2 C 20.98 - Rn. 13).
Es genügt daher für die Ursächlichkeit der Täuschung, dass die Behörde ohne sie den Bewerber jedenfalls nicht, wie geschehen, alsbald ernannt, sondern zunächst weitere Prüfungen und Erwägungen angestellt und erst auf dieser vervollständigten Grundlage ihre Entscheidung getroffen hätte, gegen die der Bewerber sodann bei ungünstigem Ergebnis Rechtsschutz hätte in Anspruch nehmen können (vgl. BVerwG Urteil vom 10.06.1999 - 2 C 20.98 -).
Die Täuschungshandlung muss einen Irrtum entweder herbeigeführt oder aufrechterhalten haben.
Herbeigeführt ist die Ernennung durch die Täuschung, wenn sie bei Kenntnis des Sachverhalts, jedenfalls zu dem verfügten Zeitpunkt unterblieben wäre. Nach diesen Maßstäben war die Täuschung des Klägers für seine Ernennung kausal. Hätte der Kläger seine psychische Störung am 25.04.08 offenbart, wäre eine weitere fachärztliche Aufklärung erfolgt. Erst wenn danach Zweifel an der gesundheitlichen Eignung ausgeräumt gewesen wären, hätte eine Ernennung erfolgen können. Soweit der Kläger spekuliert, eine entsprechende fachärztliche Aufklärung hätte bis zu seiner Ernennung zwei Monate nach der Eingangsuntersuchung erfolgen können, vermag er die Kausalität nicht in Frage zu stellen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der EMail des Amtsarztes vom 12.02.15, der auch letztlich auch nur vermuten kann, was das Ergebnis einer fachärztlichen Untersuchung und der hierfür erforderliche zeitliche Aufwand gewesen wäre.
Rücknahme der Ernennung eines Beamten auf Probe wegen arglistiger Täuschung über den Gesundheitszustand bei der Einstellungsuntersuchung (Verschweigen einer Zwangserkrankung)
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1.5 Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger seit der Kindheit/Jugend unter Zwangsgedanken und Zwangshandlungen leidet, und hat sich hierbei insbesondere auf den Arztbrief seiner behandelnden Ärztin Dr. D. vom 30.01.12 und auf das psychologische Zusatzgutachten des Bezirkskrankenhauses B. vom 02.09.14 berufen, das zu der Einschätzung gelangt, dass beim Kläger seit dem Jugendalter eine Zwangserkrankung mit Zwangsgedanken und Zwangshandlungen schwerpunktmäßig im Bereich Zählen, Wiederholen, zeitweise Ordnen und Befürchtungen im Zusammenhang mit bestimmten Zahlen besteht.
Der Kläger vermag die ärztlichen Feststellungen nicht zu widerlegen, zumal er lediglich hinsichtlich des Arztbriefs seiner behandelnden Ärztin Dr. D. vorträgt, die Behauptung, er leide bereits seit der Kindheit an einerschweren Zwangsneurose und sei in Folge dessen sieben Jahre in Bayreuth in Behandlung gewesen, sei schlichtweg unwahr und durch nichts belegt. Das Verwaltungsgericht hat bereits darauf hingewiesen, dass davon auszugehen ist, dass die entsprechenden Feststellungen von der behandelnden Fachärztin auf Angaben des Klägers beruhen und die Behauptungen des Klägers angesichts der gutachterlichen Ausführungen des Bezirkskrankenhauses nicht überzeugen. Der Senat teilt diese Einschätzung.
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1.6 Das Verwaltungsgericht ist im Rahmen seiner umfassenden Beweiswürdigung davon ausgegangen, dass der Kläger im Rahmen der Einstellungsuntersuchung beim Gesundheitsamt seine bestehende psychische Erkrankung (Vorerkrankung) gegenüber dem die Untersuchung durchführenden Amtsarzt bewusst pflichtwidrig nicht offenbarte und dadurch das für ihn günstige Gesundheitszeugnis vom 29.04.08 erwirkte.
Der Kläger habe seine psychische Erkrankung weder auf dem von ihm auszufüllenden Anamnesebogen noch im Rahmen des sich anschließenden Untersuchungsgesprächs mit dem Amtsarzt angegeben, obgleich er gewusst habe, dass diese Angaben für das Ergebnis der Einstellungsuntersuchung und in der Folge für das Einstellungsverfahren von wesentlicher Bedeutung sein würden. Er habe vielmehr allein seine orthopädischen Leiden und die damit einhergehende Schmerzsymptomatik thematisiert und in den Vordergrund gestellt. Den Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom 08.09.06, mit welchem dem Kläger ein Grad der Behinderung von 50 v.H. unter Einschluss einer Einzel-GdB von 30 v.H. für das Behinderungsleiden „seelische Störung, Dysfunktion“ zuerkannt worden war, habe der Kläger bei der Einstellungsuntersuchung nicht vollständig vorgelegt und auch dadurch das Offenbarwerden einer psychischen Erkrankung, das eine weitere medizinische Aufklärung nach sich gezogen hätte, bewusst unterlassen. Ausweislich des Anamnesebogens habe der Kläger keinerlei psychische Erkrankung mitgeteilt. Der Amtsarzt habe glaubhaft und nachvollziehbar geschildert, dass er den Anamnesebogen gemeinsam mit dem Kläger durchgegangen sei und dass während des Untersuchungsgesprächs die Halswirbelproblematik des Klägers eindeutig im Vordergrund gestanden habe. Über die psychischen Folgen der HWS-Problematik sei zwar gesprochen worden, diese hätten aber nicht im Vordergrund gestanden und seien dementsprechend auch nicht vertieft worden. Weder im Untersuchungsgespräch noch in den angeforderten hausärztlichen Unterlagen hätten sich Hinweise auf psychische Erkrankungen ergeben. Die Kammer sei davon überzeugt, dass, hätte der Kläger den vollständigen Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom 08.09.06 vorgelegt bzw. psychische Erkrankungen von relevanten Ausmaß geschildert, vom Amtsarzt ein entsprechender Vermerk im Befundbogen vorgenommen und eine weitergehende fachärztliche Stellungnahme eingeholt worden wäre.
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1.7 Der Kläger führt aus, die Offenbarungspflicht erstrecke sich nur auf diejenigen Erkrankungen, die aus Sicht eines verständigen Anwärters wesentliche Bedeutung für die Einstellung haben könnten, und führt weiter aus, er habe der einige Jahre zurückliegenden Behandlung bei dem Therapeuten Dr. St. keine wesentliche Bedeutung für seine Einstellung zugemessen, da seine Arbeitsfähigkeit durch seine kleinen „Ticks“ in keiner Weise eingeschränkt sei.
Zwar besteht keine Offenbarungspflicht hinsichtlich jeglicher Gesundheitsfragen (vgl. OVG M.-V., Beschluss vom 23.04.1998 - 2 M 168/97 -), die Bedeutung psychischer Vorerkrankungen für die gesundheitliche Eignung als (Lebenszeit-) Beamter drängt sich aber geradezu auf (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.11.06 - 4 B 11.06 -). Das gilt insbesondere hier in Hinblick auf eine Zwangserkrankung, die für sich (abstrakt) geeignet ist, die Dienstfähigkeit eines Beamten in Frage zu stellen.
Soweit der Kläger vorträgt, er sei in Bezug auf den Umfang und die Tragweite seiner Offenbarungspflicht nicht ausdrücklich aufgeklärt worden; die von ihm vorzeitig unterschriebene kleingedruckte Erklärung am Ende des Anamnesebogens sei zu unbestimmt und unklar formuliert, begründet dies keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Die Formulierung „Ich habe dem untersuchenden Arzt alles mitgeteilt, was für die Beurteilung meines Gesundheitszustands von Bedeutung sein könnte.“ ist weder unbestimmt noch unklar formuliert. Im Übrigen hätte der Kläger beim Amtsarzt nachfragen können, nachdem er - unbestritten - mit diesem Punkt für Punkt des Fragebogens durchgegangen war.
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1.8 Der Kläger rügt, ... das Verwaltungsgericht habe sich aber mit der Frage, ob die Beiziehung der Akten des Zentrums Bayern Familie und Soziales dem Kläger zumutbar gewesen sei, nicht auseinandergesetzt.
Die rechtsgrundlose Verweigerung einer Schweigepflichtsentbindung kann nach dem aus § 444 ZPO abgeleiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz zum Nachteil des Betroffenen gewertet werden, sofern die verlangte Schweigepflichtentbindung verhältnismäßig (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.05.14 - 2 B 69/12 - ZBR 2014, 2971 -) bzw. zumutbar (vgl. LSG B.- W., Urteil vom 27.01.12 - L 8 SB 1808/11 - Rn. 29) ist.
Letzteres kann hier bejaht werden. Die verlangte Schweigepflichtsentbindung ist auch in Anbetracht dessen, dass sensible Inhalte der Akte des Zentrums Bayern Familie und Soziales in der mündlichen Verhandlung hätten thematisiert werden können, verhältnismäßig, da die Möglichkeit bestanden hätte, die Öffentlichkeit auszuschließen, um so dem Persönlichkeitsrecht des Klägers Rechnung zu tragen (vgl. § 55 VwGO iVm. § 171b GVG).
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1.9 Eine arglistige Täuschung ist schon dann für die Ernennung ursächlich, wenn sich feststellen lässt, dass die Behörde bei Kenntnis des wahren Sachverhalts von der Ernennung jedenfalls zu diesem Zeitpunkt Abstand genommen hätte; ob der Beamtenbewerber vielleicht später doch noch ernannt worden wäre, ist unerheblich (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.06.1999 - 2 C 20.98 - Rn. 13).
Es genügt daher für die Ursächlichkeit der Täuschung, dass die Behörde ohne sie den Bewerber jedenfalls nicht, wie geschehen, alsbald ernannt, sondern zunächst weitere Prüfungen und Erwägungen angestellt und erst auf dieser vervollständigten Grundlage ihre Entscheidung getroffen hätte, gegen die der Bewerber sodann bei ungünstigem Ergebnis Rechtsschutz hätte in Anspruch nehmen können (vgl. BVerwG Urteil vom 10.06.1999 - 2 C 20.98 -).
Die Täuschungshandlung muss einen Irrtum entweder herbeigeführt oder aufrechterhalten haben.
Herbeigeführt ist die Ernennung durch die Täuschung, wenn sie bei Kenntnis des Sachverhalts, jedenfalls zu dem verfügten Zeitpunkt unterblieben wäre. Nach diesen Maßstäben war die Täuschung des Klägers für seine Ernennung kausal. Hätte der Kläger seine psychische Störung am 25.04.08 offenbart, wäre eine weitere fachärztliche Aufklärung erfolgt. Erst wenn danach Zweifel an der gesundheitlichen Eignung ausgeräumt gewesen wären, hätte eine Ernennung erfolgen können. Soweit der Kläger spekuliert, eine entsprechende fachärztliche Aufklärung hätte bis zu seiner Ernennung zwei Monate nach der Eingangsuntersuchung erfolgen können, vermag er die Kausalität nicht in Frage zu stellen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der EMail des Amtsarztes vom 12.02.15, der auch letztlich auch nur vermuten kann, was das Ergebnis einer fachärztlichen Untersuchung und der hierfür erforderliche zeitliche Aufwand gewesen wäre.
Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in
den Ländern (Beamtenstatusgesetz - BeamtStG)
§ 12 Rücknahme der Ernennung
(1) Die Ernennung ist mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn
1. sie durch Zwang, arglistige Täuschung oder Bestechung herbeigeführt wurde,
2. dem Dienstherrn zum Zeitpunkt der Ernennung nicht bekannt war, dass die ernannte Person vor ihrer Ernennung ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, aufgrund dessen sie vor oder nach ihrer Ernennung rechtskräftig zu einer Strafe verurteilt worden ist und das sie für die Berufung in das Beamtenverhältnis als unwürdig erscheinen lässt,
3. ...
4.
(2) Die Ernennung soll zurückgenommen werden, wenn nicht bekannt war, dass gegen die ernannte Person in einem Disziplinarverfahren auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt worden war. Dies gilt auch, wenn die Entscheidung gegen eine Beamtin oder einen Beamten der Europäischen Union oder eines Staates nach § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 ergangen ist.
§ 12 Rücknahme der Ernennung
(1) Die Ernennung ist mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn
1. sie durch Zwang, arglistige Täuschung oder Bestechung herbeigeführt wurde,
2. dem Dienstherrn zum Zeitpunkt der Ernennung nicht bekannt war, dass die ernannte Person vor ihrer Ernennung ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, aufgrund dessen sie vor oder nach ihrer Ernennung rechtskräftig zu einer Strafe verurteilt worden ist und das sie für die Berufung in das Beamtenverhältnis als unwürdig erscheinen lässt,
3. ...
4.
(2) Die Ernennung soll zurückgenommen werden, wenn nicht bekannt war, dass gegen die ernannte Person in einem Disziplinarverfahren auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt worden war. Dies gilt auch, wenn die Entscheidung gegen eine Beamtin oder einen Beamten der Europäischen Union oder eines Staates nach § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 ergangen ist.
Wenn es um Fragen der Offenbarungspflicht oder des Täuschens / Verschweigens relevanter Umstände geht, spielen oft auch Fragen nach dem früheren Lebenswandel ein Rolle, zum Beispiel wird nach früher gegen die Bewerber*innen geführten Ermittlungsverfahren gefragt, so wie in den beiden folgenden Fällen: