Übergewicht als Eignungsmangel? (fehlende gesundheitliche Eignung)
Das Thema "Übergewicht" könnte gut als Beispiel dienen für die tiefgreifende Veränderung der beamtenrechtlichen Sichtweise zu Fragen der gesundheitlichen Eignung seit Herbst 2013.
Wir hatten Ihnen zu diesem Thema zuvor verschiedene Gerichtsentscheidungen angeboten, in denen es hin und her ging. Nun können Sie nahezu alles, was Sie zu dem Thema Übergewicht an Gerichtsentscheidungen aus der Zeit vor 2014 finden, als veraltet ansehen. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat seine Rechtsprechung geändert.
Es gelten jetzt andere prognostische Maßstäbe.
1.
Wichtig: Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.12.13 - BVerwG 2 B 37.13 -, unten auf dieser Seite.
Eine nach älteren Maßstäben ergangene, für die Bewerberin ungünstige Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Schleswig wurde aufgehoben, das OVG hat inzwischen neu über die Sache befunden: Sie können in der Rechtssprechungsdatenbank des Landes Schleswig-Holstein nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig vom 30.07.14 mit dem Aktenzeichen 2 LB 2 / 14 suchen. Die Entscheidung macht deutlich, dass die Behörden mit dem Repertoire der von ihnen bisher zum Thema Übergewicht stereotyp vorgetragenen Argumente nicht mehr viel Anerkennung finden.
Es handelt sich bei dieser Entscheidung des OVG Schleswig vom 30.07.14 um die Fortsetzung des Falles, welcher der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.12.13 zugrunde liegt. Sie können daraus also ersehen, wie es unter Umständen weiter geht, wenn man einmal den mühsamen Weg bis zum Bundesverwaltungsgericht erfolgreich gegangen ist und das Bundesverwaltungsgericht die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen hat.
2.
Aus neuerer Zeit datiert eine Entscheidung des OVG des Saarlandes, die Sie im Langtext im Internet finden können.
3.
Der EuGH hat in der Sache C-354/13 am 18.12.14 über den Fall eines dänischen Klägers geurteilt, dem bei einem BMI von 54 gekündigt wurde.
Der EUGH führt in seinem in NJW 2015, 391 ff. veröffentlichten Urteil zunächst aus, dass es kein unmittelbares europarechtliches Verbot der Diskriminierung wegen Adipositas gibt, dass aber im Einzelfall eine "Behinderung" im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG (und damit in Deutschland im Sinne des AGG) gegeben sein könne.
Ähnlich entschied der EuGH durch Urteil vom 18.01.18 - C 270/16 -, NJW 2018, 603 ff.
Dabei ging es um durch Adipositas verursachte Fehlzeiten des Arbeitnehmers.
Das genauer ausführen zu wollen, würde hier zu weit führen.
Hier nun der oben erwähnte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts, darunter etwas älteres Material von nachrangiger Bedeutung.
In dem Beschluss, der die Dinge nicht abschließend bewerten will, klingt bereits an, dass der sog. BMI (Body-Mass-Index) nicht mehr allein entscheidend sein kann, dass sich nun aber schon andere Experten in Stellung gebracht haben, welche die Diskussion gerne dominieren möchten. Nun gewinnt der ABSI an Bedeutung, "A Body Shape Index". Ob aber eine Bierbauch gefährlicher ist als Hüftspeck und dieser wiederum eine schlechtere Prognose rechtfertigt als Normalgewicht, das wird dann in einigen Jahren wieder höchstrichterlich zu entscheiden sein.
Das Bundesverwaltungsgericht ist eine reine Revisionsinstanz. Achten Sie also darauf, dass Ihr Bauchumfang in den beiden Tatsacheninstanzen korrekt gemessen wird. Denn das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zum Maßband greifen.
Überholt ist die vom Gericht vertretene Auffassung, der Dienstherr habe einen (gerichtlich nicht überprüfbaren) Beurteilungsspielraum.
Das Bundesverwaltungsgericht meint nunmehr, dass das Gericht auch insoweit selbst entscheiden könne.
Beachten Sie bitte unseren Hinweis, dass sich nach der vorstehenden Entscheidung, nämlich im Jahr 2013, ein grundsätzlicher Wandel der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergeben hat.
Dabei ist noch nicht konkret über das Thema "Übergewicht" entschieden worden, aber es wird mit Sicherheit von dem Wandel der Auffassungen erfasst werden.
1.
Wichtig: Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.12.13 - BVerwG 2 B 37.13 -, unten auf dieser Seite.
Eine nach älteren Maßstäben ergangene, für die Bewerberin ungünstige Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Schleswig wurde aufgehoben, das OVG hat inzwischen neu über die Sache befunden: Sie können in der Rechtssprechungsdatenbank des Landes Schleswig-Holstein nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig vom 30.07.14 mit dem Aktenzeichen 2 LB 2 / 14 suchen. Die Entscheidung macht deutlich, dass die Behörden mit dem Repertoire der von ihnen bisher zum Thema Übergewicht stereotyp vorgetragenen Argumente nicht mehr viel Anerkennung finden.
Es handelt sich bei dieser Entscheidung des OVG Schleswig vom 30.07.14 um die Fortsetzung des Falles, welcher der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.12.13 zugrunde liegt. Sie können daraus also ersehen, wie es unter Umständen weiter geht, wenn man einmal den mühsamen Weg bis zum Bundesverwaltungsgericht erfolgreich gegangen ist und das Bundesverwaltungsgericht die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen hat.
2.
Aus neuerer Zeit datiert eine Entscheidung des OVG des Saarlandes, die Sie im Langtext im Internet finden können.
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Urteil vom 14.05.19 - 1 A 102/16 -
Leitsatz
1. Dem Bewerber um Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe steht Ersatz des ihm durch die Nichteinstellung entstandenen Schadens zu, wenn der Dienstherr den Anspruch des Bewerbers, dass über seinen Antrag allein nach den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ermessensfehlerfrei entschieden wird, schuldhaft verletzt hat, ihm das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und der Bewerber es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
2. Zu den Anforderungen an die Feststellung der gesundheitlichen Eignung eines im Zeitpunkt der amtsärztlichen Einstellungsuntersuchung dienstfähigen Bewerbers im Hinblick auf dessen Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe (hier: Adipositas).
Orientierungssatz
1. Angesichts der Länge des Prognosezeitraums bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenzekann der Dienstherr die gesundheitliche Eignung aktuell dienstfähiger Beamtenbewerber nur verneinen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb nur eine erheblich verringerte Lebensdienstzeit ableisten können.
2. Soweit in der Rechtsprechung vertreten worden ist, dass ein Body-Maß-Index von mehr als 35 kg/qm einen erheblichen Risikofaktor für zahlreiche Folgeerkrankungen und damit einen tauglichen Indikator für die mangelnde gesundheitliche Eignung eines Beamten darstelle (OVG Lüneburg, Urteil vom 31.07.12 - 5 LC 216/10 -, Rdnr. 102 ff; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.11.12 - 6 A 1459/12 -, Rdnr. 6; siehe hierzu auch Bayrischer VGH, Beschluss vom 13.04.12 - 3 BV 08.405 -, Juris, Rdnr. 33 ff.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25.06.08 - 1 K 3143/06 -, Rdnr. 41), vermag der Senat dem nicht zu folgen.
Leitsatz
1. Dem Bewerber um Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe steht Ersatz des ihm durch die Nichteinstellung entstandenen Schadens zu, wenn der Dienstherr den Anspruch des Bewerbers, dass über seinen Antrag allein nach den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ermessensfehlerfrei entschieden wird, schuldhaft verletzt hat, ihm das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und der Bewerber es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
2. Zu den Anforderungen an die Feststellung der gesundheitlichen Eignung eines im Zeitpunkt der amtsärztlichen Einstellungsuntersuchung dienstfähigen Bewerbers im Hinblick auf dessen Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe (hier: Adipositas).
Orientierungssatz
1. Angesichts der Länge des Prognosezeitraums bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenzekann der Dienstherr die gesundheitliche Eignung aktuell dienstfähiger Beamtenbewerber nur verneinen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb nur eine erheblich verringerte Lebensdienstzeit ableisten können.
2. Soweit in der Rechtsprechung vertreten worden ist, dass ein Body-Maß-Index von mehr als 35 kg/qm einen erheblichen Risikofaktor für zahlreiche Folgeerkrankungen und damit einen tauglichen Indikator für die mangelnde gesundheitliche Eignung eines Beamten darstelle (OVG Lüneburg, Urteil vom 31.07.12 - 5 LC 216/10 -, Rdnr. 102 ff; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.11.12 - 6 A 1459/12 -, Rdnr. 6; siehe hierzu auch Bayrischer VGH, Beschluss vom 13.04.12 - 3 BV 08.405 -, Juris, Rdnr. 33 ff.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25.06.08 - 1 K 3143/06 -, Rdnr. 41), vermag der Senat dem nicht zu folgen.
3.
Der EuGH hat in der Sache C-354/13 am 18.12.14 über den Fall eines dänischen Klägers geurteilt, dem bei einem BMI von 54 gekündigt wurde.
Der EUGH führt in seinem in NJW 2015, 391 ff. veröffentlichten Urteil zunächst aus, dass es kein unmittelbares europarechtliches Verbot der Diskriminierung wegen Adipositas gibt, dass aber im Einzelfall eine "Behinderung" im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG (und damit in Deutschland im Sinne des AGG) gegeben sein könne.
Ähnlich entschied der EuGH durch Urteil vom 18.01.18 - C 270/16 -, NJW 2018, 603 ff.
Dabei ging es um durch Adipositas verursachte Fehlzeiten des Arbeitnehmers.
Das genauer ausführen zu wollen, würde hier zu weit führen.
Hier nun der oben erwähnte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts, darunter etwas älteres Material von nachrangiger Bedeutung.
Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.12.13 - BVerwG 2 B 37.13 -
Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.12.13 - BVerwG 2 B 37.13 -
1. Die 1967 geborene Klägerin war bis August 2005 als angestellte Lehrkraft tätig. Aufgrund eines amtsärztlichen Gutachtens, wonach mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne, dass sie gesundheitlich in der Lage sein werde, die Tätigkeit als Lehrkraft dauernd auszuüben, ernannte das Land Schleswig-Holstein die Klägerin mit Wirkung vom September 2005 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Lehrerin zur Anstellung. Im Hinblick auf ihre noch zweifelhafte gesundheitliche Eignung wurde ihre Probezeit mehrfach verlängert, zuletzt bis Ende Februar 2010. Im Juli 2010 entließ der Beklagte die Klägerin mit Ablauf des Monats September 2010 wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Auch die erneute amtsärztliche Untersuchung vom März 2010 bescheinige ein erhebliches Übergewicht. Damit könnten eine vorzeitige Dienstunfähigkeit oder vermehrte Dienstausfallzeiten nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. In der Entlassungsverfügung bot der Beklagte der Klägerin zugleich zum Oktober 2010 ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis an. Das Verwaltungsgericht hat den Ausgangs- sowie den Widerspruchsbescheid aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, über die Ernennung der Klägerin zur Beamtin auf Lebenszeit erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Die Klage auf Verpflichtung des Beklagten, die Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu berufen, hat es dagegen abgewiesen.
Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die gesundheitliche Eignung könne schon dann nicht festgestellt werden, wenn die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. Insoweit sei dem Dienstherrn eine Beurteilungsermächtigung eingeräumt, sodass die Prognose nur eingeschränkt nachprüfbar sei. In Bezug auf die Überprüfung der Prognoseentscheidung sei grundsätzlich von der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung auszugehen. Nach diesen Grundsätzen sei die Prognose des Beklagten, die Möglichkeit des Eintritts der dauernden Dienstunfähigkeit der Klägerin könne nicht mit dem dafür erforderlichen hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, nicht zu beanstanden. Aufgrund des erheblichen Übergewichts (Body-Mass-Index (BMI) 37,5 kg/m2) und besonders des stammbetonten Fettverteilungsmusters sei von einem deutlich erhöhten Risiko bezüglich der Entwicklung von Herz-, Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen, Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates sowie Krebserkrankungen auszugehen.
...
Die gesundheitliche Eignung einer Beamtenbewerberin ist nicht aufgrund eines Vergleichs verschiedener Personengruppen oder verschiedener gesundheitlicher Risiken zu beurteilen. Vielmehr kommt es darauf an, ob für die jeweilige Bewerberin die Prognose gestellt werden kann, sie werde vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt oder sie werde bis dahin über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen.
Dies kommt insbesondere bei Angehörigen einer Risikogruppe in Betracht, die an einer Krankheit leiden, aufgrund derer das Risiko, wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt zu werden oder regelmäßig krankheitsbedingt auszufallen, deutlich erhöht ist.
Eine im Einzelfall negative Prognose kann nicht durch den Verweis in Frage gestellt werden, eine andere Personengruppe, wie etwa Männer mit einem gegenüber einer adipösen Frau um nahezu 50 % höheren Sterberisiko, sei ungerechtfertigt besser gestellt als die Gruppe von adipösen Frauen (Beschluss vom 04.04.13 - BVerwG 2 B 87.12 -).
Auch wenn die Verwaltungspraxis bei der beamtenrechtlichen Eignungsprüfung bestimmte Risiken entgegen den wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht berücksichtigen oder unterschätzen sollte, kann dies nicht dazu führen, dass auch andere Risiken außer Acht gelassen werden müssen. Die Klägerin fordert die Gleichbehandlung mit einer aus ihrer Sicht zu Unrecht bevorzugten Personengruppe. Nach allgemeiner Ansicht kann aber eine sachlich nicht gerechtfertigte Verwaltungspraxis keine Ansprüche auf Gleichheit im Unrecht begründen (BVerfG, Urteil vom 27.06.1991 - 2 BvR 1493/89 - BVerfGE 84, 239 <284>; BVerwG, Urteil vom 26.02.1993 - BVerwG 8 C 20.92 - BVerwGE 92, 153 <157>).
4. Begründet ist aber die Verfahrensrüge, das Oberverwaltungsgericht habe bei der Ablehnung des Hilfsbeweisantrags der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Bedeutung der Verteilung des Körperfetts eines an Adipositas leidenden Menschen für seine zukünftige gesundheitliche Entwicklung gegen die ihm nach § 86 Abs. 1 VwGO obliegende Pflicht zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts verstoßen.
Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, dem hilfsweise gestellten Beweisantrag müsse nicht nachgegangen werden, weil es auf die Frage der Tauglichkeit der Verteilung des Körperfetts als alleiniges Ausschlusskriterium nicht ankomme. Das amtsärztliche Gutachten, auf das der Beklagte seine negative Prognose gestützt habe, beruhe auf der Zusammenschau der bei der Klägerin festgestellten Adipositas 2. Grades mit einem BMI von 37,5 kg/m2 einerseits sowie dem stammbetonten Fettverteilungsmuster andererseits.
Auch wenn zwei Aspekte in ihrer Zusammenschau zur Begründung einer Schlussfolgerung herangezogen werden, muss die Aussagekraft jedes der beiden Gesichtspunkte wissenschaftlich belegt sein. Mit dem Beweisantrag wurde jedoch gerade geltend gemacht, für die als problematisch bewertete Verteilung des Körperfetts gebe es noch kein allgemein anerkanntes Messverfahren, sodass die vom Beklagten hinsichtlich der Klägerin angenommene ungünstige Fettverteilung tatsächlich zweifelhaft sei.
Zudem beruht die Begründung des Oberverwaltungsgerichts auf rechtlichen Annahmen, die nach der neueren Rechtsprechung des Senats überholt sind (Urteile vom 25.07.13 - BVerwG 2 C 12.11 - und vom 30.10.13 - BVerwG 2 C 16.12 -).
Zunächst steht der Behörde bei der Bewertung der gesundheitlichen Eignung einer Probebeamtin zum Ablauf ihrer Probezeit kein Beurteilungsspielraum zu. Einer Beamtin auf Probe fehlt die gesundheitliche Eignung für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, sie werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Die gesundheitliche Eignung fehlt auch, wenn sie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen wird. Ferner ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung der Probebeamtin der Ablauf der Probezeit, nicht der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung.
Für die vom Gericht in vollem Umfang zu überprüfende Prognose über die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes einer Bewerberin muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und seiner Verfassung erstellen. Der Arzt muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit sowie für die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Er muss in seiner Stellungnahme Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, seine Untersuchungsmethoden erläutern und seine Hypothesen sowie deren Grundlage offen legen. Auf dieser Grundlage hat er unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand der Bewerberin eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung eigenverantwortlich zu beantworten.
Als Grundlage für die vom Dienstherrn oder vom Gericht zu treffende Entscheidung über die gesundheitliche Eignung einer Bewerberin reicht die nicht näher belegte Einschätzung eines Mediziners über den voraussichtlichen Verlauf der bei einer Bewerberin bestehenden Erkrankung nicht aus. Sofern statistische Erkenntnisse über die gewöhnlich zu erwartende Entwicklung einer Erkrankung herangezogen werden sollen, sind diese nur verwertbar, wenn sie auf einer belastbaren Basis beruhen. Dafür muss über einen längeren Zeitraum hinweg eine signifikante Anzahl von Personen beobachtet worden sein. Zudem ist es bei der medizinischen Bewertung zu berücksichtigen, wenn der individuelle Krankheitsverlauf der Betroffenen Besonderheiten gegenüber den statistischen Erkenntnissen aufweist.
Beim erneuten Berufungsverfahren hat das Oberverwaltungsgericht nicht nur die vorstehend dargelegten neuen Grundsätze der Urteile des Senats vom 25.07.13 und vom 30.10.13 zu beachten. Es wird auch zu berücksichtigen haben, dass der Dienstherr bei unveränderter Sachlage an seine Bewertung der gesundheitlichen Eignung vor Begründung des Probebeamtenverhältnisses gebunden ist. War die Erkrankung einer Probebeamtin bereits vor der Begründung dieses Beamtenverhältnisses bekannt, so darf der Dienstherr die gesundheitliche Eignung der Beamtin bei der anstehenden Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit nur dann im Hinblick auf diese Erkrankung verneinen, wenn sich die Grundlagen ihrer Bewertung inzwischen geändert haben (Urteil vom 30. Oktober 2013 - BVerwG 2 C 16.12). Das ärztliche Gutachten vom 8. August 2005, aufgrund dessen die Klägerin zur Beamtin auf Probe ernannt wurde, war von einem Amtsarzt erstellt worden, der dem Bereich des Beklagten zuzurechnen ist.
1. Die 1967 geborene Klägerin war bis August 2005 als angestellte Lehrkraft tätig. Aufgrund eines amtsärztlichen Gutachtens, wonach mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne, dass sie gesundheitlich in der Lage sein werde, die Tätigkeit als Lehrkraft dauernd auszuüben, ernannte das Land Schleswig-Holstein die Klägerin mit Wirkung vom September 2005 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Lehrerin zur Anstellung. Im Hinblick auf ihre noch zweifelhafte gesundheitliche Eignung wurde ihre Probezeit mehrfach verlängert, zuletzt bis Ende Februar 2010. Im Juli 2010 entließ der Beklagte die Klägerin mit Ablauf des Monats September 2010 wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Auch die erneute amtsärztliche Untersuchung vom März 2010 bescheinige ein erhebliches Übergewicht. Damit könnten eine vorzeitige Dienstunfähigkeit oder vermehrte Dienstausfallzeiten nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. In der Entlassungsverfügung bot der Beklagte der Klägerin zugleich zum Oktober 2010 ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis an. Das Verwaltungsgericht hat den Ausgangs- sowie den Widerspruchsbescheid aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, über die Ernennung der Klägerin zur Beamtin auf Lebenszeit erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Die Klage auf Verpflichtung des Beklagten, die Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu berufen, hat es dagegen abgewiesen.
Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die gesundheitliche Eignung könne schon dann nicht festgestellt werden, wenn die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. Insoweit sei dem Dienstherrn eine Beurteilungsermächtigung eingeräumt, sodass die Prognose nur eingeschränkt nachprüfbar sei. In Bezug auf die Überprüfung der Prognoseentscheidung sei grundsätzlich von der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung auszugehen. Nach diesen Grundsätzen sei die Prognose des Beklagten, die Möglichkeit des Eintritts der dauernden Dienstunfähigkeit der Klägerin könne nicht mit dem dafür erforderlichen hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, nicht zu beanstanden. Aufgrund des erheblichen Übergewichts (Body-Mass-Index (BMI) 37,5 kg/m2) und besonders des stammbetonten Fettverteilungsmusters sei von einem deutlich erhöhten Risiko bezüglich der Entwicklung von Herz-, Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen, Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates sowie Krebserkrankungen auszugehen.
...
Die gesundheitliche Eignung einer Beamtenbewerberin ist nicht aufgrund eines Vergleichs verschiedener Personengruppen oder verschiedener gesundheitlicher Risiken zu beurteilen. Vielmehr kommt es darauf an, ob für die jeweilige Bewerberin die Prognose gestellt werden kann, sie werde vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt oder sie werde bis dahin über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen.
Dies kommt insbesondere bei Angehörigen einer Risikogruppe in Betracht, die an einer Krankheit leiden, aufgrund derer das Risiko, wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt zu werden oder regelmäßig krankheitsbedingt auszufallen, deutlich erhöht ist.
Eine im Einzelfall negative Prognose kann nicht durch den Verweis in Frage gestellt werden, eine andere Personengruppe, wie etwa Männer mit einem gegenüber einer adipösen Frau um nahezu 50 % höheren Sterberisiko, sei ungerechtfertigt besser gestellt als die Gruppe von adipösen Frauen (Beschluss vom 04.04.13 - BVerwG 2 B 87.12 -).
Auch wenn die Verwaltungspraxis bei der beamtenrechtlichen Eignungsprüfung bestimmte Risiken entgegen den wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht berücksichtigen oder unterschätzen sollte, kann dies nicht dazu führen, dass auch andere Risiken außer Acht gelassen werden müssen. Die Klägerin fordert die Gleichbehandlung mit einer aus ihrer Sicht zu Unrecht bevorzugten Personengruppe. Nach allgemeiner Ansicht kann aber eine sachlich nicht gerechtfertigte Verwaltungspraxis keine Ansprüche auf Gleichheit im Unrecht begründen (BVerfG, Urteil vom 27.06.1991 - 2 BvR 1493/89 - BVerfGE 84, 239 <284>; BVerwG, Urteil vom 26.02.1993 - BVerwG 8 C 20.92 - BVerwGE 92, 153 <157>).
4. Begründet ist aber die Verfahrensrüge, das Oberverwaltungsgericht habe bei der Ablehnung des Hilfsbeweisantrags der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Bedeutung der Verteilung des Körperfetts eines an Adipositas leidenden Menschen für seine zukünftige gesundheitliche Entwicklung gegen die ihm nach § 86 Abs. 1 VwGO obliegende Pflicht zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts verstoßen.
Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, dem hilfsweise gestellten Beweisantrag müsse nicht nachgegangen werden, weil es auf die Frage der Tauglichkeit der Verteilung des Körperfetts als alleiniges Ausschlusskriterium nicht ankomme. Das amtsärztliche Gutachten, auf das der Beklagte seine negative Prognose gestützt habe, beruhe auf der Zusammenschau der bei der Klägerin festgestellten Adipositas 2. Grades mit einem BMI von 37,5 kg/m2 einerseits sowie dem stammbetonten Fettverteilungsmuster andererseits.
Auch wenn zwei Aspekte in ihrer Zusammenschau zur Begründung einer Schlussfolgerung herangezogen werden, muss die Aussagekraft jedes der beiden Gesichtspunkte wissenschaftlich belegt sein. Mit dem Beweisantrag wurde jedoch gerade geltend gemacht, für die als problematisch bewertete Verteilung des Körperfetts gebe es noch kein allgemein anerkanntes Messverfahren, sodass die vom Beklagten hinsichtlich der Klägerin angenommene ungünstige Fettverteilung tatsächlich zweifelhaft sei.
Zudem beruht die Begründung des Oberverwaltungsgerichts auf rechtlichen Annahmen, die nach der neueren Rechtsprechung des Senats überholt sind (Urteile vom 25.07.13 - BVerwG 2 C 12.11 - und vom 30.10.13 - BVerwG 2 C 16.12 -).
Zunächst steht der Behörde bei der Bewertung der gesundheitlichen Eignung einer Probebeamtin zum Ablauf ihrer Probezeit kein Beurteilungsspielraum zu. Einer Beamtin auf Probe fehlt die gesundheitliche Eignung für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, sie werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Die gesundheitliche Eignung fehlt auch, wenn sie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen wird. Ferner ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung der Probebeamtin der Ablauf der Probezeit, nicht der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung.
Für die vom Gericht in vollem Umfang zu überprüfende Prognose über die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes einer Bewerberin muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und seiner Verfassung erstellen. Der Arzt muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit sowie für die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Er muss in seiner Stellungnahme Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, seine Untersuchungsmethoden erläutern und seine Hypothesen sowie deren Grundlage offen legen. Auf dieser Grundlage hat er unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand der Bewerberin eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung eigenverantwortlich zu beantworten.
Als Grundlage für die vom Dienstherrn oder vom Gericht zu treffende Entscheidung über die gesundheitliche Eignung einer Bewerberin reicht die nicht näher belegte Einschätzung eines Mediziners über den voraussichtlichen Verlauf der bei einer Bewerberin bestehenden Erkrankung nicht aus. Sofern statistische Erkenntnisse über die gewöhnlich zu erwartende Entwicklung einer Erkrankung herangezogen werden sollen, sind diese nur verwertbar, wenn sie auf einer belastbaren Basis beruhen. Dafür muss über einen längeren Zeitraum hinweg eine signifikante Anzahl von Personen beobachtet worden sein. Zudem ist es bei der medizinischen Bewertung zu berücksichtigen, wenn der individuelle Krankheitsverlauf der Betroffenen Besonderheiten gegenüber den statistischen Erkenntnissen aufweist.
Beim erneuten Berufungsverfahren hat das Oberverwaltungsgericht nicht nur die vorstehend dargelegten neuen Grundsätze der Urteile des Senats vom 25.07.13 und vom 30.10.13 zu beachten. Es wird auch zu berücksichtigen haben, dass der Dienstherr bei unveränderter Sachlage an seine Bewertung der gesundheitlichen Eignung vor Begründung des Probebeamtenverhältnisses gebunden ist. War die Erkrankung einer Probebeamtin bereits vor der Begründung dieses Beamtenverhältnisses bekannt, so darf der Dienstherr die gesundheitliche Eignung der Beamtin bei der anstehenden Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit nur dann im Hinblick auf diese Erkrankung verneinen, wenn sich die Grundlagen ihrer Bewertung inzwischen geändert haben (Urteil vom 30. Oktober 2013 - BVerwG 2 C 16.12). Das ärztliche Gutachten vom 8. August 2005, aufgrund dessen die Klägerin zur Beamtin auf Probe ernannt wurde, war von einem Amtsarzt erstellt worden, der dem Bereich des Beklagten zuzurechnen ist.
In dem Beschluss, der die Dinge nicht abschließend bewerten will, klingt bereits an, dass der sog. BMI (Body-Mass-Index) nicht mehr allein entscheidend sein kann, dass sich nun aber schon andere Experten in Stellung gebracht haben, welche die Diskussion gerne dominieren möchten. Nun gewinnt der ABSI an Bedeutung, "A Body Shape Index". Ob aber eine Bierbauch gefährlicher ist als Hüftspeck und dieser wiederum eine schlechtere Prognose rechtfertigt als Normalgewicht, das wird dann in einigen Jahren wieder höchstrichterlich zu entscheiden sein.
Das Bundesverwaltungsgericht ist eine reine Revisionsinstanz. Achten Sie also darauf, dass Ihr Bauchumfang in den beiden Tatsacheninstanzen korrekt gemessen wird. Denn das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zum Maßband greifen.
Beschluss des OVG NRW vom 16.05.11 - 1 B 477/11 -
Die folgende Entscheidung war zu ihrer Zeit beachtlich und richtungweisend, weil der BMI, nachdem er jahrelang die Diskussion beherrscht hatte, als ungeeigneter Indikator bezeichnet wurde.Überholt ist die vom Gericht vertretene Auffassung, der Dienstherr habe einen (gerichtlich nicht überprüfbaren) Beurteilungsspielraum.
Das Bundesverwaltungsgericht meint nunmehr, dass das Gericht auch insoweit selbst entscheiden könne.
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.05.11 - 1 B 477/11 -
1. Die der Entlassung eines Beamten auf Probe wegen mangelnder Bewährung in der Probezeit zugrunde gelegte prognostische Entscheidung des Dienstherrn, die Möglichkeit künftiger Erkrankungen des Beamten und des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze lasse sich wegen des Vorliegens eines gesundheitlichen Risikofaktors - hier: Adipositas I nach der WHO-Klassifikation - nicht mit dem erforderlichen hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausschließen, überschreitet die Grenzen des dem Dienstherrn insoweit eingeräumten Beurteilungsspielraums, wenn sie auf einen Indikator gestützt wird, der sich nach wissenschaftlichen Forschungsergebnissen als ungeeignet für diese Prognose erweist.
2. Bei dem "Body-Mass-Index" handelt es sich grundsätzlich um einen solchen ungeeigneten Indikator. Insbesondere lässt sich ein Ausschluss von Bewerbern für den feuerwehrtechnischen Dienst mit einem BMI von 27,5 bis 30 kg/qm nach den vorliegenden Forschungsergebnissen nicht (mehr) rechtfertigen und erweist sich vorliegend angesichts eines individuell zu berücksichtigenden kräftig-muskulösen Körperbaus des Beamten auch ein BMI von 31,5 kg/qm aller Voraussicht nach nicht als aussagekräftig.
1. Die der Entlassung eines Beamten auf Probe wegen mangelnder Bewährung in der Probezeit zugrunde gelegte prognostische Entscheidung des Dienstherrn, die Möglichkeit künftiger Erkrankungen des Beamten und des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze lasse sich wegen des Vorliegens eines gesundheitlichen Risikofaktors - hier: Adipositas I nach der WHO-Klassifikation - nicht mit dem erforderlichen hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausschließen, überschreitet die Grenzen des dem Dienstherrn insoweit eingeräumten Beurteilungsspielraums, wenn sie auf einen Indikator gestützt wird, der sich nach wissenschaftlichen Forschungsergebnissen als ungeeignet für diese Prognose erweist.
2. Bei dem "Body-Mass-Index" handelt es sich grundsätzlich um einen solchen ungeeigneten Indikator. Insbesondere lässt sich ein Ausschluss von Bewerbern für den feuerwehrtechnischen Dienst mit einem BMI von 27,5 bis 30 kg/qm nach den vorliegenden Forschungsergebnissen nicht (mehr) rechtfertigen und erweist sich vorliegend angesichts eines individuell zu berücksichtigenden kräftig-muskulösen Körperbaus des Beamten auch ein BMI von 31,5 kg/qm aller Voraussicht nach nicht als aussagekräftig.
Beachten Sie bitte unseren Hinweis, dass sich nach der vorstehenden Entscheidung, nämlich im Jahr 2013, ein grundsätzlicher Wandel der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergeben hat.
Dabei ist noch nicht konkret über das Thema "Übergewicht" entschieden worden, aber es wird mit Sicherheit von dem Wandel der Auffassungen erfasst werden.
3. Beschluss des Sächsischen OVG vom 12.09.13 - 2 B 431 / 13
Dieser Beschluss, den wir nur sehr verkürzt zitieren, ist überholt, aber er legt recht ausführlich die Argumenationsmuster dar, mit denen Sie immer noch rechnen müssen, soweit es um die medizinische Bewertung der Adipositas geht.Beschluss des Sächsischen OVG vom 12.09.13 - 2 B 431 / 13
Der maßgebliche Zeitraum für die Prognose, das Dienstverhältnis bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze für den aktiven Dienst, wird durch Lebenszeit- und Alimentationsprinzip vorgegeben. Diese zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählenden Prinzipien, denen Art. 33 Abs. 5 GG Verfassungsrang vermittelt, gewährleisten die lebenslange amtsangemessene Versorgung der Ruhestandsbeamten. Dies rechtfertigt aber im Gegenzug Vorkehrungen, die ein ausgewogenes Verhältnis von aktiver Dienstzeit und Ruhestandszeit sicherstellen. Zu diesen Vorkehrungen gehört die im Zeitpunkt der Ernennung zu stellende Prognose, dass ein Beamtenbewerber bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienst leisten kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 23. Februar 2012, BVerwGE 142, 59 [62 ff.]; zuletzt Beschl. v. 4.04.13 - 2 B 86.12 - Rn. 12). Dieser Grundsatz beansprucht allerdings nicht erst bei einer Ernennung auf Lebenszeit Geltung. Soll ein vorgelagerter Vorbereitungsdienst allein dem Erwerb der Laufbahnbefähigung dienen und vermittelt er keinen Zugang zu einem Berufsbild außerhalb des Staatsdienstes, kann für die Einstellung in diesen nichts anderes gelten. Insbesondere genügt es für eine positive Prognose der gesundheitlichen Eignung nicht, dass der Vorbereitungsdienst voraussichtlich erfolgreich absolviert werden könnte. Insoweit bleibt zu berücksichtigen, dass der Vorbereitungsdienst gerade dem Ziel dient, Beamte für eine Ernennung auf Lebenszeit zu gewinnen. Entsprechend richten sich die Ausbildungskapazitäten auch an dem Bedarf an Lebenszeitbeamten aus. Der Dienstherr hat also erkennbar kein Interesse daran, die zur Verfügung stehenden Plätzen mit solchen Bewerbern zu besetzen, die voraussichtlich nicht die Anforderungen für eine Ernennung auf Lebenszeit erfüllen. Daneben gebietet es auch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn, Bewerber nicht in einen Vorbereitungsdienst einzustellen, der ihnen keinen adäquaten Vorteil vermittelt, weil im Anschluss weder eine daran anknüpfende berufliche Entwicklung im Staatsdienst noch in der privaten Wirtschaft möglich erscheint. Mithin steht auch einer Einstellung in den Vorbereitungsdienst einer Laufbahn die Prognose entgegen, dass eine vorzeitige Dienstunfähigkeit in der angestrebten Laufbahn nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 8.11.10, ZBR 2011, 266 [267]; für Ernennung zum Beamten auf Probe: OVG NRW, Beschl. v. 17.06.13 - 6 E 811/12 -).
Die prognostische Einschätzung der gesundheitlichen Eignung kann sich sowohl auf bei dem Bewerber bestehende oder vergangene Erkrankungen - insbesondere solche chronischer oder periodisch wiederkehrender Art - stützen, als auch anhand von Risikofaktoren - z. B. Übergewicht oder erhöhten Blutfettwerten - getroffen werden. Dabei begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, wenn der Dienstherr bestimmte Gesundheitsbeeinträchtigungen generalisierend und typisierend behandelt, bei ihrem Vorliegen also die gesundheitliche Eignung grundsätzlich verneint. Auf konkret zu beobachtende oder zu erwartende Auswirkungen der Beeinträchtigung auf die Dienstfähigkeit kommt es dann nicht an.
bb) Die angegriffene Auswahlentscheidung bewegt sich innerhalb des so skizzierten Rahmens. Insbesondere lässt die Annahme des Antragsgegners, ab einem BMI von 35,0 scheide eine positive Eignungsprognose grundsätzlich aus, ohne dass es auf bereits zu beobachtende gesundheitliche Einschränkungen ankomme, keinen Beurteilungsfehler erkennen.
Zwar werden in der neueren naturwissenschaftlichen (vgl. hierzu: Hillebrecht, ZBR 2011, 84) wie auch rechtswissenschaftlichen Diskussion erhebliche Zweifel an der Bedeutung des BMI für die Prognose des Risikos zukünftiger Erkrankungen erhoben. Das liegt einerseits an den bekannten Schwächen des BMI selbst, insbesondere an der fehlenden Differenzierung zwischen Körperfett und Muskelmasse (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 16.05.11, ZBR 2011, 419 [420]; NdsOVG, Urt. v. 31.07.12, ZBR 2012, 414 [417]). Andererseits wird mit neueren medizinischen Erkenntnissen zunehmend der Zusammenhang zwischen dem anhand des BMI typisierend beschriebenen Grad einer Adipositas und bestimmten Gesundheitsrisiken in Frage gestellt. Der BMI erscheint insoweit defizitär, da er stark altersdeterminiert ist, eine geschlechtsspezifische Differenzierung fehlt, Überlagerungen des Risikos der Adipositas durch andere Faktoren unberücksichtigt bleiben und die Risikoerhöhungen in ihrer Bedeutung überschätzt werden (vgl. Hillebrecht, ZBR 2011, 84 [87 f.]).
Die Rechtsprechung hat es deshalb verschiedentlich abgelehnt, aus einem BMI < 35,0 auf eine negative Eignungsprognose zu schließen, sofern nicht weitere individuelle gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Risikofaktoren des Bewerbers hinzutraten (vgl. VGH BW, Urt. v. 31.05.11, VBlBW 2012, 65; BayVGH, Urt. v. 13.04.12, ZBR 2013, 52; OVG NRW, Beschl. v. 16.05.11, ZBR 2011, 419; VG Magdeburg, Urt. v. 25. Oktober 2012 - 5 A 256/11 -; a. A. VG Gelsenkirchen, Urt. v. 25.06.08, NVwZ-RR 2009, 252).
Anders ist die Situation allerdings bei Bewerbern mit einer Adipositas II. Grades (BMI = 35,00 bis 39,9) oder III. Grades (BMI > 39,9) einzuschätzen. Die gegen die Aussagekraft des BMI in Bezug auf Morbidität und Mortalität erhobenen Einwände greifen für BMI-Werte jenseits von 35,0 nicht durch. Insbesondere das Argument, dass ältere klinische Studien nicht nach dem Grad der Adipositas unterschieden haben und deshalb die Ergebnisse durch besonders schwergewichtige Patienten verzerrt wurden (vgl. Hillebrecht, ZBR 2011, 84 [87]; BayVGH, Urt. v. 13.04.12, ZBR 2013, 52 [53 f.]), ist hier in sein Gegenteil zu wenden, da es gerade um jene Personen mit einer Adipositas höheren Grades geht (vgl. NdsOVG, Urt. v. 31.07.12, ZBR 2012, 414 [417]). Diese besitzen nicht nur ein signifikant erhöhtes Mortalitätsrisiko (vgl. Hillebrecht, ZBR 2011, 84 [88]), bei einem BMI ab 40,0 wird auch von einem exponentiellen Anstieg des Risikos körpergewichtsassoziierter Erkrankungen ausgegangen (vgl. BayVGH, Urt. v. 13.04.12, ZBR 2013, 52 [53 f.]). Medizinische Langzeitstudien konnten eine Erhöhung des Diabetesrisikos um 10 v. H. je Einheit des BMI sowie eine Erhöhung des Risikos kardiovaskulärer Erkrankungen um 12 v. H. je Erhöhung des BMI um 5,0 beobachten. Eine Metaanalyse kommt zu dem Ergebnis, dass zwar einfaches Übergewicht (BMI = 25,0 bis 29,9) das Morbiditätsrisiko nicht signifikant erhöht, demgegenüber ein BMI > 30 für die meisten der untersuchten Erkrankungen mit einem erhöhten Risiko einhergeht (vgl. die Nachweise bei NdsOVG, Urt. v. 31.07.12, ZBR 2012, 414 [417]).
In Anbetracht dieses Standes der naturwissenschaftlichen Erkenntnis erscheint die Praxis des Antragsgegners, bei einem BMI > 35,0 von einer Ernennung grundsätzlich abzusehen, von dessen Beurteilungsspielraum gedeckt. Darauf, dass sich das mit der Adipositas verbundene Risiko bereits durch den Ausbruch körpergewichtsassoziierter Erkrankungen beim konkreten Bewerber realisiert hat, kommt es nicht an, weil jedenfalls die Prognose einer bis zur Erreichung der Altersgrenze fortbestehenden gesundheitlichen Eignung nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit getroffen werden kann. Der bei der Antragstellerin im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung festgestellte BMI von 40,06 stand mithin einer positiven Eignungsprognose entgegen. Eine andere Einschätzung war hier nicht deshalb geboten, weil es sich bei der diagnostizierten Adipositas um eine grundsätzlich reversible Beeinträchtigung körperlicher Funktionen handelt. Allerdings bleibt der Umstand, dass sich ein in Rede stehendes Risiko für die gesundheitliche Eignung zukünftig verringern könnte oder durch Maßnahmen des Betroffenen vermindern ließe, bei der Prognose der gesundheitlichen Eignung in besonderer Weise zu berücksichtigen. Geht es wie hier um eine Adipositas III. Grades, ist Voraussetzung für eine maßgebliche Reduzierung des Gesundheitsrisikos eine grundlegende Änderung der bisherigen Lebensgewohnheiten, was eine verlässliche Aussage zur zukünftigen Gewichtsentwicklung erschwert. Weder das Maß der erreichbaren Gewichtsreduktion noch deren Nachhaltigkeit lassen sich zuverlässig prognostizieren. Zudem liegen nur unzureichende Erkenntnisse darüber vor, in welchem Maße sich ein einmal durch Adipositas begründetes Gesundheitsrisiko nach einer Gewichtsreduzierung wieder mindern lässt. Dass bei der Antragstellerin noch keine körpergewichtsassoziierten Erkrankungen aufgetreten sind und sie zugleich erste Schritte unternommen hat, Körpergewicht abzubauen, kann vor diesem Hintergrund nicht genügen, die Zweifel an ihrer gesundheitlichen Eignung zu beseitigen.
Der maßgebliche Zeitraum für die Prognose, das Dienstverhältnis bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze für den aktiven Dienst, wird durch Lebenszeit- und Alimentationsprinzip vorgegeben. Diese zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählenden Prinzipien, denen Art. 33 Abs. 5 GG Verfassungsrang vermittelt, gewährleisten die lebenslange amtsangemessene Versorgung der Ruhestandsbeamten. Dies rechtfertigt aber im Gegenzug Vorkehrungen, die ein ausgewogenes Verhältnis von aktiver Dienstzeit und Ruhestandszeit sicherstellen. Zu diesen Vorkehrungen gehört die im Zeitpunkt der Ernennung zu stellende Prognose, dass ein Beamtenbewerber bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienst leisten kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 23. Februar 2012, BVerwGE 142, 59 [62 ff.]; zuletzt Beschl. v. 4.04.13 - 2 B 86.12 - Rn. 12). Dieser Grundsatz beansprucht allerdings nicht erst bei einer Ernennung auf Lebenszeit Geltung. Soll ein vorgelagerter Vorbereitungsdienst allein dem Erwerb der Laufbahnbefähigung dienen und vermittelt er keinen Zugang zu einem Berufsbild außerhalb des Staatsdienstes, kann für die Einstellung in diesen nichts anderes gelten. Insbesondere genügt es für eine positive Prognose der gesundheitlichen Eignung nicht, dass der Vorbereitungsdienst voraussichtlich erfolgreich absolviert werden könnte. Insoweit bleibt zu berücksichtigen, dass der Vorbereitungsdienst gerade dem Ziel dient, Beamte für eine Ernennung auf Lebenszeit zu gewinnen. Entsprechend richten sich die Ausbildungskapazitäten auch an dem Bedarf an Lebenszeitbeamten aus. Der Dienstherr hat also erkennbar kein Interesse daran, die zur Verfügung stehenden Plätzen mit solchen Bewerbern zu besetzen, die voraussichtlich nicht die Anforderungen für eine Ernennung auf Lebenszeit erfüllen. Daneben gebietet es auch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn, Bewerber nicht in einen Vorbereitungsdienst einzustellen, der ihnen keinen adäquaten Vorteil vermittelt, weil im Anschluss weder eine daran anknüpfende berufliche Entwicklung im Staatsdienst noch in der privaten Wirtschaft möglich erscheint. Mithin steht auch einer Einstellung in den Vorbereitungsdienst einer Laufbahn die Prognose entgegen, dass eine vorzeitige Dienstunfähigkeit in der angestrebten Laufbahn nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 8.11.10, ZBR 2011, 266 [267]; für Ernennung zum Beamten auf Probe: OVG NRW, Beschl. v. 17.06.13 - 6 E 811/12 -).
Die prognostische Einschätzung der gesundheitlichen Eignung kann sich sowohl auf bei dem Bewerber bestehende oder vergangene Erkrankungen - insbesondere solche chronischer oder periodisch wiederkehrender Art - stützen, als auch anhand von Risikofaktoren - z. B. Übergewicht oder erhöhten Blutfettwerten - getroffen werden. Dabei begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, wenn der Dienstherr bestimmte Gesundheitsbeeinträchtigungen generalisierend und typisierend behandelt, bei ihrem Vorliegen also die gesundheitliche Eignung grundsätzlich verneint. Auf konkret zu beobachtende oder zu erwartende Auswirkungen der Beeinträchtigung auf die Dienstfähigkeit kommt es dann nicht an.
bb) Die angegriffene Auswahlentscheidung bewegt sich innerhalb des so skizzierten Rahmens. Insbesondere lässt die Annahme des Antragsgegners, ab einem BMI von 35,0 scheide eine positive Eignungsprognose grundsätzlich aus, ohne dass es auf bereits zu beobachtende gesundheitliche Einschränkungen ankomme, keinen Beurteilungsfehler erkennen.
Zwar werden in der neueren naturwissenschaftlichen (vgl. hierzu: Hillebrecht, ZBR 2011, 84) wie auch rechtswissenschaftlichen Diskussion erhebliche Zweifel an der Bedeutung des BMI für die Prognose des Risikos zukünftiger Erkrankungen erhoben. Das liegt einerseits an den bekannten Schwächen des BMI selbst, insbesondere an der fehlenden Differenzierung zwischen Körperfett und Muskelmasse (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 16.05.11, ZBR 2011, 419 [420]; NdsOVG, Urt. v. 31.07.12, ZBR 2012, 414 [417]). Andererseits wird mit neueren medizinischen Erkenntnissen zunehmend der Zusammenhang zwischen dem anhand des BMI typisierend beschriebenen Grad einer Adipositas und bestimmten Gesundheitsrisiken in Frage gestellt. Der BMI erscheint insoweit defizitär, da er stark altersdeterminiert ist, eine geschlechtsspezifische Differenzierung fehlt, Überlagerungen des Risikos der Adipositas durch andere Faktoren unberücksichtigt bleiben und die Risikoerhöhungen in ihrer Bedeutung überschätzt werden (vgl. Hillebrecht, ZBR 2011, 84 [87 f.]).
Die Rechtsprechung hat es deshalb verschiedentlich abgelehnt, aus einem BMI < 35,0 auf eine negative Eignungsprognose zu schließen, sofern nicht weitere individuelle gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Risikofaktoren des Bewerbers hinzutraten (vgl. VGH BW, Urt. v. 31.05.11, VBlBW 2012, 65; BayVGH, Urt. v. 13.04.12, ZBR 2013, 52; OVG NRW, Beschl. v. 16.05.11, ZBR 2011, 419; VG Magdeburg, Urt. v. 25. Oktober 2012 - 5 A 256/11 -; a. A. VG Gelsenkirchen, Urt. v. 25.06.08, NVwZ-RR 2009, 252).
Anders ist die Situation allerdings bei Bewerbern mit einer Adipositas II. Grades (BMI = 35,00 bis 39,9) oder III. Grades (BMI > 39,9) einzuschätzen. Die gegen die Aussagekraft des BMI in Bezug auf Morbidität und Mortalität erhobenen Einwände greifen für BMI-Werte jenseits von 35,0 nicht durch. Insbesondere das Argument, dass ältere klinische Studien nicht nach dem Grad der Adipositas unterschieden haben und deshalb die Ergebnisse durch besonders schwergewichtige Patienten verzerrt wurden (vgl. Hillebrecht, ZBR 2011, 84 [87]; BayVGH, Urt. v. 13.04.12, ZBR 2013, 52 [53 f.]), ist hier in sein Gegenteil zu wenden, da es gerade um jene Personen mit einer Adipositas höheren Grades geht (vgl. NdsOVG, Urt. v. 31.07.12, ZBR 2012, 414 [417]). Diese besitzen nicht nur ein signifikant erhöhtes Mortalitätsrisiko (vgl. Hillebrecht, ZBR 2011, 84 [88]), bei einem BMI ab 40,0 wird auch von einem exponentiellen Anstieg des Risikos körpergewichtsassoziierter Erkrankungen ausgegangen (vgl. BayVGH, Urt. v. 13.04.12, ZBR 2013, 52 [53 f.]). Medizinische Langzeitstudien konnten eine Erhöhung des Diabetesrisikos um 10 v. H. je Einheit des BMI sowie eine Erhöhung des Risikos kardiovaskulärer Erkrankungen um 12 v. H. je Erhöhung des BMI um 5,0 beobachten. Eine Metaanalyse kommt zu dem Ergebnis, dass zwar einfaches Übergewicht (BMI = 25,0 bis 29,9) das Morbiditätsrisiko nicht signifikant erhöht, demgegenüber ein BMI > 30 für die meisten der untersuchten Erkrankungen mit einem erhöhten Risiko einhergeht (vgl. die Nachweise bei NdsOVG, Urt. v. 31.07.12, ZBR 2012, 414 [417]).
In Anbetracht dieses Standes der naturwissenschaftlichen Erkenntnis erscheint die Praxis des Antragsgegners, bei einem BMI > 35,0 von einer Ernennung grundsätzlich abzusehen, von dessen Beurteilungsspielraum gedeckt. Darauf, dass sich das mit der Adipositas verbundene Risiko bereits durch den Ausbruch körpergewichtsassoziierter Erkrankungen beim konkreten Bewerber realisiert hat, kommt es nicht an, weil jedenfalls die Prognose einer bis zur Erreichung der Altersgrenze fortbestehenden gesundheitlichen Eignung nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit getroffen werden kann. Der bei der Antragstellerin im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung festgestellte BMI von 40,06 stand mithin einer positiven Eignungsprognose entgegen. Eine andere Einschätzung war hier nicht deshalb geboten, weil es sich bei der diagnostizierten Adipositas um eine grundsätzlich reversible Beeinträchtigung körperlicher Funktionen handelt. Allerdings bleibt der Umstand, dass sich ein in Rede stehendes Risiko für die gesundheitliche Eignung zukünftig verringern könnte oder durch Maßnahmen des Betroffenen vermindern ließe, bei der Prognose der gesundheitlichen Eignung in besonderer Weise zu berücksichtigen. Geht es wie hier um eine Adipositas III. Grades, ist Voraussetzung für eine maßgebliche Reduzierung des Gesundheitsrisikos eine grundlegende Änderung der bisherigen Lebensgewohnheiten, was eine verlässliche Aussage zur zukünftigen Gewichtsentwicklung erschwert. Weder das Maß der erreichbaren Gewichtsreduktion noch deren Nachhaltigkeit lassen sich zuverlässig prognostizieren. Zudem liegen nur unzureichende Erkenntnisse darüber vor, in welchem Maße sich ein einmal durch Adipositas begründetes Gesundheitsrisiko nach einer Gewichtsreduzierung wieder mindern lässt. Dass bei der Antragstellerin noch keine körpergewichtsassoziierten Erkrankungen aufgetreten sind und sie zugleich erste Schritte unternommen hat, Körpergewicht abzubauen, kann vor diesem Hintergrund nicht genügen, die Zweifel an ihrer gesundheitlichen Eignung zu beseitigen.