Dienstfähigkeit / Dienstunfähigkeit im Beamtenrecht: psychische Probleme
Ist eine Beamtin "aus sonstigen gesundheitlichen Gründen" ihren Aufgaben nicht gewachsen, also dienstunfähig?
Welche Bedeutung haben Verhaltensauffälligkeiten?
Was sind überhaupt Verhaltensauffälligkeiten?
OVG NRW, Beschluss vom 13.12.12 - 6 B 1323/12 -
Die Antragstellerin hat sich der amtsärztlichen Überprüfung ihrer Dienstfähigkeit zu stellen.
Eine Lehrerin soll sich amtsärztlich untersuchen lassen.
Sie wehrt sich dagegen, verliert aber das Eilverfahren in erster Instanz. Dagegen erhebt sie Beschwerde.
Das Oberverwaltungsgericht weist die Beschwerde zurück.
Die Beschwerde tritt der Annahme des Verwaltungsgerichts, das im Dienst gezeigte Verhalten der Antragstellerin offenbare abzuklärende psychische Auffälligkeiten, nicht mit substantiiertem Vorbringen entgegen.
Zunächst steht dem nicht entgegen, dass die Antragstellerin keine nennenswerten Fehlzeiten aufweist.
Es unterliegt auch keinen Bedenken, aus dem vom Antragsgegner beschriebenen nicht sozialadäquaten Auftreten und den erheblichen Problemen im Kommunikationsverhalten der Antragstellerin - etwa
dass sie darauf bestehe, es dürfe in Klassenräumen oder im Lehrerzimmer kein Fenster geöffnet werden,
dass sie täglich die gleiche Kleidung trage,
dass sie eine Vielzahl diverser Plastiktüten mit sich führe und
dass sie Kollegen und Studierende in persönliche oder pseudodienstliche Gespräche zu verwickeln suche -
Zweifel an ihrer Dienstfähigkeit herzuleiten. Der Einwand, dem Antragsgegner stehe eine Wertung ihres Sozialverhaltens nicht zu, führt insofern nicht weiter. Die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung stützt sich überdies darauf, dass die Antragstellerin, die seit dem Jahr 2003 mit einem Unterrichtsverbot belegt ist, auch die ihr danach verbliebenen geringen Dienstpflichten wie Kopieraufträge, EDV-Eingaben oder Aufsichtführung nicht ordnungsgemäß erfülle. Bei Konferenzen leiste die Antragstellerin keinen inhaltlichen oder fachlichen Beitrag. Die Anwesenheit der Antragstellerin bei einer der genannten Aufgaben führe vielmehr dazu, dass sie versuche, die Kollegen oder Studierenden in irrelevante Gespräche zu verwickeln.
Auch die Beanstandungen gegenüber der Annahme des Verwaltungsgerichts, die Bezirksregierung habe hinreichend begründet, warum nunmehr eine amtsärztliche Untersuchung notwendig sei, obwohl die Antragstellerin seit mehr als acht Jahren mit einem Unterrichtsverbot belegt sei, greifen nicht durch.
Soweit die Antragstellerin geltend macht, dass sie schon seit mehr als acht Jahren nur noch "Hilfstätigkeiten" ausführe und sich nicht erschließe, weshalb dies nun nicht mehr möglich sein solle, lässt dies bereits außer Acht, dass sie nur in geringem Umfang zu Hilfstätigkeiten herangezogen werden kann, sich den überwiegenden Teil ihrer Dienstzeit also mit nicht-dienstlichen Dingen beschäftigt, und die Ausführung der ihr übertragenen Aufgaben regelmäßig problematisch ist. Der Antragsgegner hat seine Befugnis zur Klärung der Dienstfähigkeit der Antragstellerin auch nicht dadurch verloren, dass er mit der Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung zugewartet hat. Im Übrigen hat die Bezirksregierung bereits den Bericht des Schulleiters vom 09.06.11 zum Anlass genommen, eine amtsärztliche Klärung ihrer Dienstfähigkeit einzuleiten. Aus dem Umstand, dass die Untersuchungsanordnungen vom 13.07.11 und vom 21.06.12 aufgehoben worden sind, kann die Antragstellerin nichts zu ihren Gunsten herleiten.
Die Untersuchungsanordnung vom 13.07.11 ist aufgehoben worden, weil der Personalrat nicht beteiligt worden war.
Die Anordnung vom 21.06.12 genügte nicht den in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.04.12 (Az. 2 C 17.10 , IÖD 2012, 170 ff. = jurisRdnr. 16 ff.) formulierten inhaltlichen und formellen Anforderungen an die Ausgestaltung einer Untersuchungsanordnung.
Der Einwand, der Bericht des Leiters der Abendrealschule B., auf den sich das Verwaltungsgericht in den Gründen seiner Entscheidung bezieht, enthalte nur Feststellungen zum Sozialverhalten der Antragstellerin, ist nach dem Vorstehenden unerheblich; er ist aber auch unzutreffend.
In dem Bericht führt der Schulleiter aus, die mit Unterrichtsverbot belegte Antragstellerin beaufsichtige Nachschreibarbeiten oder Stillarbeitsaufgaben von Studierenden und halte Pausenaufsicht, wobei es wegen ihrer Eigenheiten (Verbot, Fenster zu öffnen, ungefragtes Einreden auf Studierende, unfreundlicher Umgangston) regelmäßig zu Beschwerden von fast allen Studierenden komme. Sie übernehme gelegentlich Kopieraufträge von Kollegen und Kolleginnen. Darüber hinaus ergibt sich aus dem in der Untersuchungsanordnung in Bezug genommenen Bericht des Schulleiters vom 09.06.11, dass die Antragstellerin in der Vergangenheit auch mit der Eingabe von Daten in den Computer beauftragt worden war, die Erledigung der Aufgabe aber defizitär blieb.
Die Beschwerde moniert ferner zu Unrecht, der Schulleiter werfe der Antragstellerin unzulässigerweise vor, sie löse während der Dienstzeit Kreuzworträtsel. Das verkennt die Zielrichtung der Ausführungen des Schulleiters. In dem Bericht vom 25.06.12 heißt es: "Einen großen Teil der Dienstzeit verbringt sie in Klassenräumen oder dem Lehrerzimmer mit dem Lösen von Kreuzworträtseln, da sie für die Übernahme weiterer Aufgaben nicht einsetzbar ist." Der Umstand, dass die Antragstellerin häufig Kreuzworträtsel löst, dient demnach lediglich als Beleg dafür, wie gering der Umfang der Tätigkeiten ist, die der Antragstellerin - mit nach Auffassung des Schulleiters oftmals unzureichendem Ergebnis - übertragen werden können. Soweit die Beschwerde die Auffassung vertritt, statt einer Untersuchung der Dienstfähigkeit seien Instrumente der Personalführung gefragt, ergibt sich aus den Berichten des Schulleiters, dass solche Instrumente eingesetzt worden, aber erfolglos geblieben sind. So führt er unter dem 25.06.12 aus, Mitarbeitergespräche seien zu keinem Zeitpunkt zielführend gewesen, weil die Antragstellerin nicht zu einer sach- bzw. zielorientierten konstruktiven Kommunikation fähig sei.
Die Antragstellerin hat sich der amtsärztlichen Überprüfung ihrer Dienstfähigkeit zu stellen.
Eine Lehrerin soll sich amtsärztlich untersuchen lassen.
Sie wehrt sich dagegen, verliert aber das Eilverfahren in erster Instanz. Dagegen erhebt sie Beschwerde.
Das Oberverwaltungsgericht weist die Beschwerde zurück.
Die Beschwerde tritt der Annahme des Verwaltungsgerichts, das im Dienst gezeigte Verhalten der Antragstellerin offenbare abzuklärende psychische Auffälligkeiten, nicht mit substantiiertem Vorbringen entgegen.
Zunächst steht dem nicht entgegen, dass die Antragstellerin keine nennenswerten Fehlzeiten aufweist.
Es unterliegt auch keinen Bedenken, aus dem vom Antragsgegner beschriebenen nicht sozialadäquaten Auftreten und den erheblichen Problemen im Kommunikationsverhalten der Antragstellerin - etwa
dass sie darauf bestehe, es dürfe in Klassenräumen oder im Lehrerzimmer kein Fenster geöffnet werden,
dass sie täglich die gleiche Kleidung trage,
dass sie eine Vielzahl diverser Plastiktüten mit sich führe und
dass sie Kollegen und Studierende in persönliche oder pseudodienstliche Gespräche zu verwickeln suche -
Zweifel an ihrer Dienstfähigkeit herzuleiten. Der Einwand, dem Antragsgegner stehe eine Wertung ihres Sozialverhaltens nicht zu, führt insofern nicht weiter. Die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung stützt sich überdies darauf, dass die Antragstellerin, die seit dem Jahr 2003 mit einem Unterrichtsverbot belegt ist, auch die ihr danach verbliebenen geringen Dienstpflichten wie Kopieraufträge, EDV-Eingaben oder Aufsichtführung nicht ordnungsgemäß erfülle. Bei Konferenzen leiste die Antragstellerin keinen inhaltlichen oder fachlichen Beitrag. Die Anwesenheit der Antragstellerin bei einer der genannten Aufgaben führe vielmehr dazu, dass sie versuche, die Kollegen oder Studierenden in irrelevante Gespräche zu verwickeln.
Auch die Beanstandungen gegenüber der Annahme des Verwaltungsgerichts, die Bezirksregierung habe hinreichend begründet, warum nunmehr eine amtsärztliche Untersuchung notwendig sei, obwohl die Antragstellerin seit mehr als acht Jahren mit einem Unterrichtsverbot belegt sei, greifen nicht durch.
Soweit die Antragstellerin geltend macht, dass sie schon seit mehr als acht Jahren nur noch "Hilfstätigkeiten" ausführe und sich nicht erschließe, weshalb dies nun nicht mehr möglich sein solle, lässt dies bereits außer Acht, dass sie nur in geringem Umfang zu Hilfstätigkeiten herangezogen werden kann, sich den überwiegenden Teil ihrer Dienstzeit also mit nicht-dienstlichen Dingen beschäftigt, und die Ausführung der ihr übertragenen Aufgaben regelmäßig problematisch ist. Der Antragsgegner hat seine Befugnis zur Klärung der Dienstfähigkeit der Antragstellerin auch nicht dadurch verloren, dass er mit der Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung zugewartet hat. Im Übrigen hat die Bezirksregierung bereits den Bericht des Schulleiters vom 09.06.11 zum Anlass genommen, eine amtsärztliche Klärung ihrer Dienstfähigkeit einzuleiten. Aus dem Umstand, dass die Untersuchungsanordnungen vom 13.07.11 und vom 21.06.12 aufgehoben worden sind, kann die Antragstellerin nichts zu ihren Gunsten herleiten.
Die Untersuchungsanordnung vom 13.07.11 ist aufgehoben worden, weil der Personalrat nicht beteiligt worden war.
Die Anordnung vom 21.06.12 genügte nicht den in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.04.12 (Az. 2 C 17.10 , IÖD 2012, 170 ff. = jurisRdnr. 16 ff.) formulierten inhaltlichen und formellen Anforderungen an die Ausgestaltung einer Untersuchungsanordnung.
Der Einwand, der Bericht des Leiters der Abendrealschule B., auf den sich das Verwaltungsgericht in den Gründen seiner Entscheidung bezieht, enthalte nur Feststellungen zum Sozialverhalten der Antragstellerin, ist nach dem Vorstehenden unerheblich; er ist aber auch unzutreffend.
In dem Bericht führt der Schulleiter aus, die mit Unterrichtsverbot belegte Antragstellerin beaufsichtige Nachschreibarbeiten oder Stillarbeitsaufgaben von Studierenden und halte Pausenaufsicht, wobei es wegen ihrer Eigenheiten (Verbot, Fenster zu öffnen, ungefragtes Einreden auf Studierende, unfreundlicher Umgangston) regelmäßig zu Beschwerden von fast allen Studierenden komme. Sie übernehme gelegentlich Kopieraufträge von Kollegen und Kolleginnen. Darüber hinaus ergibt sich aus dem in der Untersuchungsanordnung in Bezug genommenen Bericht des Schulleiters vom 09.06.11, dass die Antragstellerin in der Vergangenheit auch mit der Eingabe von Daten in den Computer beauftragt worden war, die Erledigung der Aufgabe aber defizitär blieb.
Die Beschwerde moniert ferner zu Unrecht, der Schulleiter werfe der Antragstellerin unzulässigerweise vor, sie löse während der Dienstzeit Kreuzworträtsel. Das verkennt die Zielrichtung der Ausführungen des Schulleiters. In dem Bericht vom 25.06.12 heißt es: "Einen großen Teil der Dienstzeit verbringt sie in Klassenräumen oder dem Lehrerzimmer mit dem Lösen von Kreuzworträtseln, da sie für die Übernahme weiterer Aufgaben nicht einsetzbar ist." Der Umstand, dass die Antragstellerin häufig Kreuzworträtsel löst, dient demnach lediglich als Beleg dafür, wie gering der Umfang der Tätigkeiten ist, die der Antragstellerin - mit nach Auffassung des Schulleiters oftmals unzureichendem Ergebnis - übertragen werden können. Soweit die Beschwerde die Auffassung vertritt, statt einer Untersuchung der Dienstfähigkeit seien Instrumente der Personalführung gefragt, ergibt sich aus den Berichten des Schulleiters, dass solche Instrumente eingesetzt worden, aber erfolglos geblieben sind. So führt er unter dem 25.06.12 aus, Mitarbeitergespräche seien zu keinem Zeitpunkt zielführend gewesen, weil die Antragstellerin nicht zu einer sach- bzw. zielorientierten konstruktiven Kommunikation fähig sei.
Wie Sie sehen, fallen Entscheidungen der Gerichte auf der Grundlage bestimmter Annahmen über die Lebenswirklichkeit.
Halten Sie es für auffällig, wenn ein Beamter einen großen Teil seiner Dienstzeit mit dem Lösen von Kreuzworträtseln verbringt, oder ist das für Sie eher der Normalfall? (Dies ist natürlich eine unsachliche Anmerkung, die nur andeuten soll, dass es schwierig sein kann, "normales" Verhalten von nicht mehr zu billigendem abzugrenzen - ungeachtet aller Beweisprobleme im Einzelfall.)