Verweilzeit als Kriterium für Beförderungsauswahl?
Bitte beachten Sie, dass die nachstehende Entscheidung nicht ungeprüft wörtlich für eine juristische Meinung Verwendung finden sollte. Sie gibt den Gedanken richtig wieder, dass die sog. Verweilzeit im Amt für eine Beförderungsauswahl nicht ausschlaggebende Bedeutung haben darf. Aber Gesetze und/oder Laufbahnverordnungen können Mindestverweilzeiten vorsehen - nur nicht übermäßig lange Verweilzeiten.
Vier bis fünf Jahre wird ein Gesetz / eine LVO wahrscheinlich vorsehen dürfen.
VG Hamburg, Beschluss vom 19.08.1991 - 8 VG 2360 / 91-
Das Gericht befindet, dass eine Verweilzeit von einem Jahr im Voramt nicht unbedingt für eine Teilnahme an einer Beförderungsauswahl gefordert werden dürfe:
G r ü n d e
Im hier vorliegenden Konkurrentenstreit wurde der Anspruch des Antragste11ers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung um den zu vergebenden Dienstposten dadurch verletzt, dass allein seine Verweildauer im Voramt von weniger als 12 Monaten zum Ausschluss im Bewerbungsverfahren führte.
Aus Art. 33 Abs. 2 GG kann ein Beamter grundsätzlich keinen Anspruch auf Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens ableiten. Er hat aber das Recht, sich zu bewerben, und besitzt einen Anspruch auf rechts fehlerfreie Entscheidung. Dieses Recht umfasst insbesondere den Anspruch auf eine faire und chancengleiche Behandlung im Auswahlverfahren. Dieser Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung bezieht sich auf alle Verfahrensabschnitte einer Bewerbung. Zweckbindendes Kriterium des Auswahlermessens ist die Beachtung des Leistungsprinzips. Denn nach Art. 33 Abs. 2 GG hat sich die Auslese an Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung auszurichten. Nur wenn dies beachtet wird, steht die freie Auswahl unter den geeigneten Bewerbern im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn (vgl. BVerwGE 71, S. 325, 331; OVG Hamburg, Beschl. vom 16.09.1988, OVG Bs I 154/88). Eine fehlerfreie Ermessensausübung ist deshalb nur dann gegeben, wenn bei der Entscheidung sämtliche Gesichtspunkte tatsächlicher oder rechtlicher Art berücksichtigt werden, die für die Leistungsbeurteilung des Bewerbers bedeutsam sind. Legt der Dienstherr oder eine legitimierte Auswahlkommission ein Kriterium fest, um den Kreis der sich um eine Vorstellung bemühenden Bewerber zu begrenzen, so muss bei Nichterfüllung des Kriteriums auf eine fehlende Eignung des Bewerbers zwingend geschlossen werden können. Denn der persönliche Eindruck, den der Bewerber im Verlauf eines Vorstellungsgespräches hinterlässt, sowie der Inhalt der Personalakte können in vielen Fällen geeignet sein, weniger günstige Voraussetzungen, die sich aus der schriftlichen Bewerbung ergeben, zu kompensieren. Unter welchen Voraussetzung im übrigen eine Eingrenzung des Bewerberkreises wegen der Vielzahl von Bewerbungen geboten sein kann, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, denn unstreitig ist dies bei vier Bewerbungen nicht der Fall.
Bei Anwendung dieser Maßstäbe lässt die Vorgehensweise der Auswahlkommission einen Ermessensfehler zum Nachteil des Antragstellers erkennen. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage war es vom Auswahlermessen der Kommission nicht gedeckt, den Antragsteller vom weiteren Bewerbungsverfahren nur deshalb auszuschließen, weil vom Zeitpunkt seiner Einweisung in das derzeit verliehene Amt bis zum Ende der Bewerbungsfrist erst 6 Monate vergangen waren. Denn obwohl eine längere Verweildauer im aktuellen Amt sicherlich von Vorteil für die Bewerbung gewesen wäre, ist es unter dem Gesichtspunkt des Bestenausleseprinzips nicht ausgeschlossen, dass Kandidaten, die ein halbes Jahr ein Amt innehaben, schon für einen höheren Dienstposten befähigt sind, auf den eine Beförderung erst nach erfolgreichem Bestehen einer Bewährungszeit erfolgt. Es ist auch im Hinblick auf den ausgeschriebenen Dienstposten denkbar, dass eine geringe Erfahrung im Voramt durch besondere Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeglichen werden kann. Die Verweildauer im Voramt ist nämlich ein rein zeitliches Kriterium, das von der Zufälligkeit des Zeitpunkts der letzten Beförderung abhängt. Es besagt weder etwas über die auf der Stelle wahrgenommenen Aufgaben noch über die dort erbrachten Leistungen und ist damit hinsichtlich der mit der Auswahlentscheidung zu treffenden Bestenauslese wenig aussagekräftig. Es kann deshalb nicht als notwendig werdendes Einengungskriterium im Sinne von Nr. 2.3 der "Vorläufigen Richtlinien zur Personal auswahl für Ämter der Besoldungsgruppe A 11 bis A 13 g.O. des Polizeivollzugsdienstes im Amt - P -" angesehen werden. Dies bedeutet andererseits nicht, dass das Kriterium nicht im Rahmen der Auswahl unter mehreren aufgrund eines ordnungsgemäß durchgeführten Auswahlverfahrens als geeignet befundenen Bewerbern eine Rolle spielen darf.
Das hamburgische Oberverwaltungsgericht hat diese Entscheidung bestätigt.
Ferner hat das Verwaltungsgericht wenige Monate später in einem anderen Fall ebenso entschieden.